Pflichtlektüre: BRICS – das Jahrhundertprojekt

Die westlichen Medien legen ihre Prioritäten auf den Ukrainekonflikt, die grüne und die woke Revolution. Im Schatten dieser Berichterstattung verändert BRICS die Welt. Wir bringen die aktuellen Zahlen und ordnen diese im gegenwärtigen geopolitischen Umfeld ein. – Eine Analyse.

Peter Hänseler

Quelle: Medium

Einleitung

Ein Schwerpunktthema dieses Blogs ist BRICS. Wir haben zahlreiche Artikel verfasst, die Entwicklung dieser Organisation verfolgt und analysiert. Bezeichnenderweise war der erste unabhängige Beitrag dieses Blogs am 18. November 2022 BRICS gewidmet «Der unaufhaltbare Aufstieg des Ostens».

Unser letzter, ausschliesslich BRICS gewidmete Artikel vom 24. September 2023 «BRICS wird die Welt verändern – langsam» gab eine Übersicht über die Entwicklung und fasste die Ergebnisse des BRICS-Gipfels in Südafrika vom August 2023 zusammen. Dieser Artikel wurde von ZeroHedge, dem GloomBoomDoom-Report von Dr. Marc Faber und von der Weltwoche (Print und Online) übernommen.

Aus der Dichte unserer Berichterstattung ergibt sich, dass VoicefromRussia BRICS eine überragende Bedeutung für die geopolitische und geo-ökonomische Entwicklung der Welt zuschreibt. Wir sind aufgrund der Fakten zum Schluss gekommen, dass BRICS die Welt stärker verändern wird als alle anderen Entwicklungen der letzten 100 Jahre zusammen. Die Entwicklungen um BRICS haben eine tektonische Verschiebung der geopolitischen Kräfteverhältnisse bereits angestossen; der Ukrainekonflikt und die sich beschleunigende Krise im Nahen Osten sind verglichen dazu lediglich Mosaiksteine.

Die westlichen Medien setzen ihre Prioritäten anders und konzentrieren sich auf Themen, welche unseres Erachtens zweitrangig sind: Todfeind Russland, Wokeness und grüne Ideologie.

Die Berichterstattung über BRICS im Westen, falls sie überhaupt stattfindet, beschränkt sich darauf, BRICS entweder als Instrument Chinas zur Erreichung der Weltmacht darzustellen – so die Financial Times,

«Wie die BRICS-Staaten Gefahr laufen, Satelliten von China zu werden»

Financial times – 26 July 2023

oder den Erfolg von BRICS zu verniedlichen – so die NZZ,

«Wir erklären im Video, warum diese Erweiterung nur bedingt Erfolg verspricht.»

NZZ, 14. Dezember 2023

Vorbemerkungen zu den Zahlen

Wir gehen so vor wie immer und erarbeiten uns eine faktenbasierte Grundlage für eine Diskussion.

Mitgliederzahl per 1. Januar verdoppelt

Seit dem 1. Januar sind zu den bisherigen Mitgliedern (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), Saudi-Arabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Äthiopien als neue Mitglieder aufgenommen worden.

Argentinien nicht dabei

Im August 2023 wurde Argentinien als sechstes Mitglied eingeladen. Der neue Präsident von Argentinien, Javier Milei, entschied sich jedoch dazu, diese Einladung nicht anzunehmen und bei der Rettung seiner Wirtschaft auf die USA bzw. Donald Trump zu setzen.

Es ist zu diesem Zeitpunkt unmöglich zu beurteilen, ob sich dieser Entscheid als richtig erweisen wird. Dem zweitgrössten Land Südamerikas, das einmal zu den reichsten Ländern der Welt gehörte, ist es zu wünschen, dass Milei den Karren aus dem tiefen Sumpf befreien kann. Milei kämpft gegen das Establishment in Argentinien, welches dieses Land wirtschaftlich an die Wand gefahren hat. Diese vormaligen Machthaber sind ernstzunehmende Gegenspieler, die um Pfründe kämpfen, welche Milei ihnen entreissen muss, falls er Argentinien retten möchte. Wir hoffen, dass Javier Milei sich durchsetzen kann und wünschen ihm viel Erfolg und Glück. Erste Erfolge scheinen sich abzuzeichnen: Das Land konnte letzten Monat erstmals einen positiven Haushalt ausweisen. Es scheint in die richtige Richtung zu gehen.

Saudi-Arabien

Saudi-Arabien ist gemäss westlichen Medienberichten noch nicht voll dabei. Die südafrikanische Aussenministerin Naledi Pandor soll gegenüber Reuters gesagt haben, «Saudi-Arabien hat noch nicht auf die Einladung zum BRICS-Beitritt geantwortet. Es wird noch darüber nachgedacht».

Saudi-Arabien bzw. die Herrscherfamilie Saud war seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Verbündeter der USA, wobei sich dieses Verhältnis seit der Vereinbarung des «Petrodollars» im Jahre 1974 weiter verfestigte.

Seit Präsident Biden an der Macht ist, litt das Verhältnis zu den USA massiv, gleichzeitig verfestigte sich die Zusammenarbeit mit China und Russland auf ein nie dagewesenes Niveau.

Das Problem, welches Saudi-Arabien jetzt hat, sind die gigantischen Investitionen, welche der Staat und Private vor allem in den USA und Grossbritannien getätigt haben. Allein die staatlichen Investments in den USA belaufen sich auf über USD 35 Milliarden und in Grossbritannien sollen die Investitionen rund USD 75 Milliarden betragen. Aufgrund der geopolitischen Situation auf der Welt und der aggressiven Sanktionspolitik des Westens, sind saudische Bedenken, dass diese Investments im Falle eines BRICS-Beitritts beschlagnahmt werden könnten, auf jeden Fall berechtigt. Da Saudi-Arabien wichtig ist für BRICS und China die USA als grössten Handelspartner Saudi-Arabien abgelöst hat, gehen wir davon aus, dass Saudi-Arabien BRICS beitreten wird, sobald China gegenüber den Saudis möglicherweise Zusagen für den Fall von westlichen Enteignungen abgeben wird.

BRICS-10 in Zahlen

Karte

Dunkelgrün BRICS bis August 2023 – hellgrün – die neuen BRICS-Mitglieder – Quelle: VoicefromRussia

Zahlen

Wir stellen in unserem Zahlenmaterial BRICS-10 der G7 und der gesamten Welt gegenüber, damit man ein Gefühl für die Verhältnisse bekommt. Die Paramater, welche wir verwenden sind Bevölkerung, BIP (Kaufkraftbereinigt), Ölproduktion, Gasproduktion und Goldproduktion.

Das Bruttosozialprodukt zeigen wir kaufkraftbereinigt. Wenn Sie den US-Dollar als Massstab für das BIP verwenden, wird die wirtschaftliche Kraft eines Landes verfälscht: Falls man die finanzielle Schlagkraft realistisch messen möchte, spielt es eine grosse Rolle, ob z.B. ein Big Mac in US-Dollar an einem Ort doppelt so viel kostet wie anderswo. Der sogenannte Big Mac Index ist Grund genug, beim Vergleich von BIP-Zahlen die kaufkraftbereinigten Zahlen zu verwenden. Der Grund, warum westliche Medien die nicht bereinigten Zahlen verwenden, ist reines Marketing, um die Abwertung des US-Dollars zu verschleiern und ihn stärker erscheinen zu lassen, als er ist.

Grafiken

Die Zahlen graphisch dargestellt – Quelle: VoicefromRussia.

Zwischenergebnis

Alle Faktoren zeigen, dass BRICS 10 die G7 bei weitem übertreffen und es scheint unverständlich, dass der Westen diese Tatsache einfach verdrängt. Ein Blick unter die Oberfläche offenbart Fakten, welche den Eindruck der nackten Zahlen noch verstärken.

Einordnung dieser Zahlen

Ölproduktion

Bei der Bewertung der Ölförderzahlen sollten die folgenden zusätzlichen Fakten berücksichtigt werden:

Erstens: Obwohl die USA mit einem Anteil von rund 18% an der Weltproduktion immer noch der grösste Ölproduzent der Welt sind, verbrauchen sie mit einem Anteil von über 20% auch am meisten Öl. Somit sind die USA derzeit nicht einmal in der Lage, ihren eigenen Verbrauch zu decken. Dieser Umstand allein ist ein zwingender Grund für die USA, Saudi-Arabien unter Druck zu setzen, BRICS nicht beizutreten.

Zweitens, haben die grossen ölproduzierenden Mitglieder der BRICS einen grossen Einfluss oder sogar die Kontrolle über die OPEC. Da BRICS dadurch auch die OPEC beherrscht und somit den Preis und die Verteilung eines grossen Teils des Öls kontrolliert, kann von einer (indirekten) Monopolstellung von BRICS gesprochen werden.  

Drittens, sind die Produktionskosten für US-Öl etwa 2,5-mal so hoch wie die Produktionskosten für saudisches Öl.

Diese Faktoren verstärken somit die Machtstellung von BRICS betreffend Öl noch weiter.

Erdgas

In Bezug auf Erdgas ist anzumerken, dass mit dem Beitritt des Irans zu BRICS die beiden grössten Erdgasproduzenten der Welt gemeinsam Mitglieder von BRICS sind: Russland und der Iran.

Der grösste Nicht-BRICS-Gasproduzent ist das (noch) mit den USA verbündete Katar. BRICS ist somit auch in Bezug auf Erdgas ein echtes Machtzentrum.

Gold

In Bezug auf Gold sollte kurz erwähnt werden, dass China und Russland die Nummer 1 bzw. 2 bei der weltweiten Goldproduktion sind. Ich erwähne Gold hier, weil die Chancen gut stehen, dass Gold irgendwann wieder eine wichtige Rolle in zukünftigen Geldsystemen spielen wird – dazu weiter unten.

Russland hat 2024 den BRICS-Vorsitz inne

Im Laufe des Jahres 2024 werden in Russland über 220 BRICS-Konferenzen abgehalten. Die Themen sind vielfältig, Wissenschaft, Hochtechnologie, Gesundheitswesen, Umweltschutz, Kultur, Sport, Jugendaustausch und Zivilgesellschaft.

Interessant waren die Aussagen von Präsident Putin zu Beginn des Jahres anlässlich der Eröffnungsveranstaltung von BRICS 2024 in Moskau. Mehrmals erwähnte er die enger werdende Zusammenarbeit der Mitglieder in Sicherheitsfragen. Es scheint so, dass BRICS sich somit nicht nur auf wirtschaftliche, sondern immer mehr auch auf sicherheitsbezogene Aspekte konzentrieren wird. Die offensichtliche Koordination der BRICS-Staaten im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt bei der UNO in New York weisen auf die enge Zusammenarbeit bei nicht-wirtschaftlichen Themen klar hin.

Man hört von verschiedenen nicht-offiziellen Quellen, dass die SCO (Shanghai Cooperation Organisation) sich BRICS annähert und mit ihr möglicherweise sogar verschmelzen wird.  Der SCO gehören neben China, Indien, Kasachstan, Kirgistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan seit Juli 2023 auch der Iran an.

Dies ist aufgrund der erhöhten geopolitischen Spannungslage und der beiden grossen Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten von grösster Bedeutung. Käme es zu einer Verschmelzung dieser beiden Organisationen, dann gäbe es ein neues Gegengewicht zur NATO. Die NATO wird bereits heute von Experten immer mehr als reiner Plauderclub charakterisiert, insbesondere aufgrund der Leistung dieses Verbands im Ukrainekonflikt, die kein Erfolg war. Damit hat die NATO ihr Drohpotential beinahe eingebüsst. Falls die BRICS-SCO-Verschmelzung Tatsache wird, so würde die NATO endgültig zu einer leeren Hülle verkommen.

Formelle Aufnahmegesuche – BRICS+

Kandidaten

Formell haben sich Algerien, Bahrein, Bangladesch, Bolivien Kasachstan, Kuba, Kuwait, Nigeria, Pakistan, Palästina, Senegal, Thailand, Venezuela, Vietnam und Weissrussland um eine Mitgliedschaft beworben.

Grün: BRICS 10 (hellgrün Saudi-Arabien) – Gelb: formelle Beitrittsgesuche

Zahlen

Graphiken

Beurteilung

Man muss bei dieser Aufstellung beachten, dass die formellen Gesuchsteller wohl nicht alle im Jahre 2024 aufgenommen werden. Diese Darstellung zeigt das Maximum und das breite formelle Interesse an dieser Organisation. Die Aufnahmegesuche einiger Ländern bergen grosses Konfliktpotential mit den USA.

Das grösste Konfliktpotential haben meines Erachtens aus amerikanischer Sicht die möglichen Beitritte von Mexiko, Kuba und Venezuela. Die Mitgliedschaft Mexikos würde die USA etwa so beurteilen wie die sowjetische Stationierung von Atomraketen auf Kuba 1962 – «Feind vor der Türe der USA». Das ist wohl auch der Grund, warum am 3. März berichtet wurde, dass Mexico kein formelles Beitrittsgesuch abgegeben habe. Den Mexikanern sitzt die Angst im Nacken und die USA üben im Hintergrund Druck aus.

Kuba wird seit 1962 (Präsident Kennedy) von den USA sanktioniert. Die Sanktionen haben – wie immer – auch bei dieser Perle der Karibik zu keiner politischen Wende geführt. Kuba benötigt dringend Öl und Investitionen; beides erhält Kuba von Russland. Im November 2023 wurden Verträge für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit unterzeichnet.

In Venezuela, jenes Land mit den weltweit grössten Ölreserven, versuchen die USA seit Jahren Präsident Maduro zu stürzen und eine Marionette zu installieren. Im letzten August hat es für eine Aufnahme noch nicht gereicht und die USA werden auch hier alles unternehmen, um einen Beitritt dieses Ölriesen zu verhindern. Die USA haben jedoch schlechte Karten bei der venezolanischen Bevölkerung, denn sie plagen das gebeutelte Land mit Sanktionen, um einen Kollaps herbeizuführen und nehmen in Kauf, dass das venezolanische Volk Hunger leidet.

Die Liste der formellen Aufnahmegesuche könnte sich somit bis Oktober, wenn die Entscheide fallen werden, wer nach Kazan eingeladen wird, noch stark verändern. Sicher ist jedoch, dass die G7 – speziell die Vereinigten Staaten – riesige Energien darauf verwenden, die Entwicklung von BRICS zu verlangsamen. Diese Organisation ist jedoch meines Erachtens bereits zu mächtig, als dass sie vom Westen noch geschwächt werden könnte.

BRICS wendet sich vom US-Dollar ab

Der Petrodollar – US-Dollar als Reservewährung

Die grösste Gefahr dieser immer stärker werdenden Gemeinschaft besteht für die USA. Wir haben vielfach erörtert, dass der Petrodollar das tatsächliche Fundament der amerikanischen Vormacht ist und nicht etwa die amerikanischen Streitkräfte.

Für die USA ist es von existentieller Wichtigkeit, dass der internationale Handel, insbesondere der Rohstoffhandel, in US-Dollar abgewickelt wird. Wir erklären warum.

Der US-Dollar als weltweite Handlungswährung führt dazu, dass praktische alle Länder US-Dollar in Reserve halten müssen, um ihre Handelsrechnungen begleichen zu können. Damit wird der US-Dollar zur Reservewährung.

Den US-Dollar halten die Zentralbanken jedoch nicht in Bar, sondern in US-Staatspapieren, um Zinsen zu erhalten. Damit sind die weltweiten Zentralbanken die grössten Käufer von US-Staatspapieren, unabhängig davon, ob diese der Meinung sind, ob dies ein gutes Investment ist. In Folge dessen können die USA ihre Schulden zu Konditionen refinanzieren, welche nicht auf der Stärke der amerikanischen Wirtschaft basiert, sondern aufgrund von diesen systembedingten Käufen. Der französische Präsident Giscard d’Estaing hat den Petrodollar in den 70-er Jahren zu Recht als «exorbitantes Privileg» bezeichnet, da dieser zu einer automatischen Refinanzierung der USA führt.

Missbrauch dieses exorbitanten Privilegs

Die USA missbrauchen jedoch dieses Privileg seit Jahrzehnten. Wann immer ein Land etwas tut, das den USA nicht schmeckt, wird es vom US-Dollar abgeschnitten. Dies können die USA problemlos implementieren, da alle US-Dollar-Transaktionen über die USA laufen. Die Konsequenzen für das betroffene Land sind katastrophal, da es damit richtiggehend aus dem Rohstoffhandel verbannt wird.

Diebstahl der russischen Zentralbankreserven

Mit der Blockierung der Fremdwährungsreserven der russischen Zentralbank im März 2023 haben die USA jedoch den Bogen überspannt, denn jetzt hat der gesamte Globale Süden Angst davor, US-Dollar zu halten, da ihnen das gleiche Schicksal blühen kann. Obwohl jeder Jurist erklärt, dass bereits das Einfrieren ohne internationale Rechtsgrundlage erfolgte, ist der Westen daran, sogar einen Schritt weiter zu gehen und die Konfiszierung vorzubereiten. Dies die unmissverständliche Aussage von Janet Yellen am 27. Februar:

«Ich glaube auch, dass es für unsere Koalition notwendig und dringend ist, einen Weg zu finden, den Wert dieser stillgelegten Vermögenswerte freizusetzen, um den anhaltenden Widerstand und den langfristigen Wiederaufbau der Ukraine zu unterstützen.»

Janet Yellen an der Pressekonferenz vor der G20 am 27. Februar 2024

Die EU unter Frau von der Leyen und sogar Exponenten in der Schweiz bereiten sich darauf vor, diesen geplanten Raubzug in die Tat umzusetzen und somit diese Mittel nicht nur weiter zu blockieren, sondern zu stehlen.

Die De-Dollarisierung ist bereits da

Russland wickelte bis 2022 80% seines Handels in USD und EUR ab, 50% in US-Dollar. Heute sind es noch 13%.

Im gleichen Zeitraum stieg die Handelstätigkeit Russlands in Rubel und Yuan von 3% auf je 34% für beide Währungen.

Diese Zahlen fussen klarerweise auf den Sanktionen gegen Russland. Es ist jedoch ein erklärtes Ziel aller BRICS-Länder, den Handel untereinander nicht mehr in US-Dollar, sondern in den jeweiligen lokalen Währungen zu tätigen.

Schaut man auf die jetzige Grösse von BRICS – 36% des Welt-BIP – wird das eine tektonische Entwicklung weg vom US-Dollar einläuten; nimmt man die formellen Antragssteller dazu, so steigt diese Zahl auf 42% des Welt-BIP.

Gemäss Bloomberg bricht die Verwendung des US-Dollars als Reservewährung richtiggehend ein.

De-Dollarization Is Happening at a 'Stunning' Pace, Jen Says - Bloomberg
Quelle: Bloomberg

Konsequenzen für die USA

Die De-Dollarisierung wird für die USA zu einer existentiellen Gefahr, da mit ihr die Käuferschaft der US-Staatsanleihen wegbricht und somit die Fähigkeit der USA, ihren hochdefizitären Staatshaushalt zu refinanzieren. Da US-Staatspapiere ein Produkt sind wie jedes andere, deren Preis durch Angebot und Nachfrage festgesetzt wird, führt ein Nachfrageeinbruch auch zum Einbruch der Preise für US-Staatsanleihen. Da sich der Zins von Obligationen invers zum Preis entwickelt, werden die Zinsen der Obligationen und somit die Inflation steigen.

Zurzeit beschleunigt sich die Verschuldung in den USA in nie gesehener Geschwindigkeit. Die Schulden betragen zurzeit über USD 34 Billionen. Es wird bald lediglich einen Monat dauern, bis die nächste Billion Schulden angehäuft werden – apokalyptisch. Als Präsident Reagan an der Macht war, betrugen die Gesamtschulden der USA weniger als eine Billion. Es dauerte somit knapp 200 Jahre, die erste Billion Schulden aufzubauen, bald wird diese Verschuldung innert eines Monats Realität sein.

Dies kommt unter anderem auch daher, dass die USA in diesem Jahr allein für die Zinszahlungen der eigenen Schulden bereits eine Billion US-Dollar (1’000’000’000’000.-) aufwenden müssen. Dies sind mehr als die USA für die gesamten Militärausgaben aufwenden, welche für sich schon gigantisch sind, denn die USA geben mehr Geld aus für ihr Militär als die nächsten 13 Länder zusammen.

Quelle: Wikipedia

Wenn sich nun die Kaufbereitschaft der Länder des Globalen Südens und insbesondere der BRICS Mitglieder verringert, so werden sich die USA über kurz oder lang in einer existentiell gefährlichen Situation befinden.

Eigene BRICS-Währung

Handelswährung

Es wird viel über eine neue Währung gesprochen, welche als Zahlungs- und Finanzierungsinstrument der BRICS dienen soll. Es gab Stimmen – unter anderem James Rickards – welche im vergangenen August überzeugt waren, dass eine BRICS-Einheitswährung bereits 2023 geschaffen würde. Wir waren bezüglich dieses Timings skeptisch und vertraten die Meinung, dass dies länger dauern würde und behielten Recht. Das heisst jedoch nicht, dass James Rickards Unrecht hatte, er war einfach etwas verfrüht.

Wir haben oben gesehen, dass die BRICS-Länder in der Tat den US-Dollar untereinander kaum mehr verwenden, sondern ihre lokalen Währungen nutzen.

Verwendung der Lokalwährungen

Die Folge davon ist, dass die BRICS-Mitglieder im Laufe eines Handelsjahres Währungen ihrer Handelspartner anhäufen, falls Sie mehr Güter verkaufen als kaufen. Beispiel: Russland und Indien verwenden in ihrem Handel Rubel und Rupien. Da Russland mehr an Indien verkauft (vor allem Rohstoffe) als Indien Russland, sitzen die Russen am Ende des Jahres auf grossen Mengen Rupien. Dieses Problem entsteht regelmäßig im gesamten BRICS-Raum unter den verschiedenen Mitgliedern im bilateralen Handel, wenn sich Defizite oder Überschüsse bilden.

Abrechnung mit Gold

Ich bin der Meinung, dass die bilaterale Verwendung von nationalen Währungen vorerst fortgesetzt werden wird, dass jedoch in einem ersten Schritt nach einem Mechanismus gesucht wird, wie diese Überschüsse bzw. Defizite am Ende eines Handelsjahres ausgeglichen werden könnten.

Hier bietet sich Gold an, nicht Gold in US-Dollar, Rupien oder Rubel berechnet, sondern Gold in Gewichtseinheit. Die Handelsdifferenzen am Ende eines Jahres oder Monats würden in Gold abgerechnet (kg oder Tonnen). Ob in diesem Fall das Gold physisch tatsächlich geliefert wird oder in einem ledger (Hauptbuch) lediglich festgehalten wird, hängt vom Vertrauen der Parteien untereinander ab. Weiter gehe ich davon aus, dass in einem solchen Fall im BRICS-Raum Goldlager an verschiedenen Orten eröffnet würden, wo die Mitgliedsländer ihr Gold lagern und deren Bestände von einer BRICS-Revisionsgesellschaft bestätigt werden würden.

Ein letztes Thema wäre dann noch, den Kurs der lokalen Währungen zu bestimmen. Das scheint bis jetzt einer der grossen Knackpunkte zu sein.

Hinweise, dass es Richtung Gold geht

Hinweise ergeben sich immer aus dem Faktischen. Die Welt produziert ca. 3’000 Tonnen Gold pro Jahr.

Gemäss World Gold Council sind Zentralbanken seit 2010 Netto-Goldkäufer und die Entwicklung der Goldkäufe nahm über die letzten Jahre konstant zu.

Die Chinesen kauften das meiste Gold (225 Tonnen).

Bei den offiziellen rapportierten Goldreserven ist Vorsicht angebracht.

Es ist sehr gut möglich – und meines Erachtens wahrscheinlich – dass die Goldreserven von China und Russland viel grösser sind als die offiziell rapportierten. 

Klar ist, dass Zentralbanken Gold kaufen wie seit den 60-er Jahren nicht mehr. Das ist ein Hinweis dafür, dass man sich nicht nur gegen die Inflation, sondern auch für das Abgelten von Rohstoffen wappnet.

Man darf gespannt sein, was genau im laufenden Jahr passieren wird, aber ich gehe davon aus, dass auf dem nächsten BRICS-Gipfel, welcher im Oktober in Kazan stattfinden wird, Ankündigungen gemacht werden, welche den Westen überraschen werden. Neben neuen Mitgliedern ist meines Erachtens ein Handelsclearingsystem wie oben beschrieben oder noch mehr im Bereich des Möglichen.

 

Zukunft von BRICS – viele neue Mitglieder

Vorbemerkungen

Schaut man in die Zukunft, so hat BRICS das Potential, viele Länder des Globalen Südens zu vereinen und den Kollektiven Westen vollends in den Schatten zu stellen.

Wir haben die Daten jener Länder zusammengetragen, welche an einem Beitritt interessiert sind. Das ist Zukunftsmusik, aber in Zeiten geopolitischer Spannungen und militärischer Konflikte lehrt uns die Geschichte, dass sehr viel innert kurzer Zeit passieren kann, speziell nach Jahrzehnten, ohne grosse Veränderungen. Daher geben wir in der Folge lediglich den Rahmen vor und stellen bezüglich des Zeitablaufs keine Prognosen, lassen die Zahlen sprechen und verzichten zu diesem Zeitpunkt auf Kommentare.

Karte

Grün: BRICS 10 – Gelb: formelle Beitrittsgesuche – Blau: Länder, die Interesse zeigen

Zahlen

Graphiken

Fazit

Nachdem BRICS im letzten August durch Mitgliederverdoppelung zu BRICS-10 wurde und damit den bisherigen Wirtschaftskoloss G7 weit überflügelt, geht es im laufenden Jahr in Riesenschritten weiter. Der Abstand zu G7 wird sich auf jeden Fall anlässlich des BRICS-Gipfels in Kazan weiter vergrössern. Noch ist ungewiss, welche der formellen Gesuchsteller tatsächlich eingeladen und damit per 1. Januar 2025 zu neuen Mitgliedern werden.

Eines ist meines Erachtens jedoch bereits jetzt eine Tatsache: Die Hegemonie der USA wird durch die De-Dollarisierung zu Ende gehen. Die Kombination von astronomischen Schulden, einer grassierenden Neuverschuldung in Verbindung mit der Tatsache, dass sich immer mehr Länder des Globalen Südens vom US-Dollar abwenden, ist ein Brandbeschleuniger für den Untergang des Hegemonen, welcher den Thron 1945 bestiegen hatte und durch seine aggressive Geopolitik sich selbst immer mehr schadet.

Freiwillig und friedlich ist noch keine Weltmacht abgetreten. Die aggressive Haltung der USA gegenüber Russland und China und das Festhalten am Bündnis mit Israel beweisen das aggressive Verhalten des kranken Hegemonen faktisch.

Diese Haltung könnte in der Ukraine, wo bis jetzt ein lokaler Konflikt stattfindet, zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO führen, umso mehr als dass die Amerikaner bis jetzt auf dem Wege sind, Frankreich, Grossbritannien und auch Deutschland zu einem Krieg gegen das Riesenreich anzustacheln.

Im Nahen Osten ist die Haltung geradezu pervers. Um die jüdischen Lobbys in den USA nicht zu vergraulen, welche einen traditionell grossen Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen haben, unterstützen die USA einen Genozid, der vom Internationalen Gerichtshof in aller Klarheit als solcher benannt wurde. Neben reinem Wahlkalkül in den USA, unterstützen die USA Israel auch, um ihre letzte Machtbasis im Nahen Osten nicht zu verlieren. Diese beiden Zwecke heiligen offenbar das Mittel – und das Mittel lautet Genozid. Der Angriff der Israelis auf die Hisbollah im Libanon hat bereits begonnen und somit steht einem brennenden Nahen Osten immer weniger im Wege.

Letztlich versucht man auch einen Konflikt um Taiwan heraufzubeschwören – ein Konflikt, welcher zwischen Chinesen stattfinden würde und somit ein Bürgerkrieg wäre. Chinas Absicht, sich mit Taiwan in den nächsten 20 bis 30 Jahren diplomatisch zu einigen – das war der Plan – ist durch die aggressive Haltung Washingtons in Gefahr.

Das Verhalten der USA ist leider typisch – der Untergang ist vorgezeichnet, die Zahlen und Fakten in diesem Artikel belegen es. Ob die bereits lodernden Schwelbrände in der amerikanischen Gesellschaft eine Änderung bringen und ob diese aggressiv oder ausgeglichener sein werden, ist noch nicht zu erahnen. Man muss die Präsidentschaftswahlen in den USA abwarten, aber bis im November kann noch sehr viel passieren.

Für einen Geopolitiker könnte die Welt kaum spannender sein – für die Menschheit jedoch wäre etwas weniger Spannung und Druck ein Segen. Denn Menschen unter Druck, allen voran Politiker, haben die Tendenz grosse Fehler zu begehen.

Pflichtlektüre: BRICS – das Jahrhundertprojekt

18 Kommentare zu „Pflichtlektüre: BRICS – das Jahrhundertprojekt

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