Mar-al-Lago wird scheitern – ohne Glaubwürdigkeit geht nichts mehr.

Donald Trump sieht sich als Dealmaker. Er muss viele Vereinbarungen abschliessen, um die USA zu retten. Ohne Glaubwürdigkeit wird das nichts, denn die Macht der USA als Ersatz für Glaubwürdigkeit ist am Schwinden.

Peter Hänseler

Trump wird sich mit dem Mar-al-lago-Accord wohl eine blutige Nase holen.

Einleitung – Art of the Deal

Wenn man einen einzelnen Deal abschliessen muss, kommt man möglicherweise mit Flunkern durch. Die Trump-Administration muss jedoch unzählige Deals mit verschiedenen Parteien auf verschiedenen Gebieten (Krieg, Zölle, US-Dollar) abschliessen, um die USA wieder in ruhigere Gewässer zu führen. In unserem Artikel «Alles ist möglich – leider» haben wir Schwelbrände identifiziert und gewichtet. Dabei kamen wir zum Schluss, dass die Finanzmärkte das grösste Risiko darstellen. In diesem Artikel beleuchten wir die Strategie der Trump-Administration, wie sie den Rest der Welt in ein neues Finanzkorsett zwingen möchte und warum die Chancen gering sind, dass sie es schaffen werden.

Accords: Plaza – Louvre – Mar al Lago

Neuordnung der Weltwirtschaftsordnung als Ziel

Es scheint so, dass Trump den richtigen Moment sucht, das Steuer bezüglich Weltfinanzsystem herumzureissen und den gegenwärtigen Wünschen der USA anzupassen – das Stichwort heisst «Mar-al-Lago-Accord».

Vom Namen her, könnte man meinen, dass sich dieser Plan an den Plaza-Accord anlehnt, der im Hotel Plaza in New York City im September 1985 zwischen den USA, Westdeutschland, Japan, Grossbritannien geschlossen wurde und zum Ziel hatte, den US-Dollar abzuschwächen. Der Plaza-Accord hatte somit nur ein Ziel: Schwächung des US-Dollar.

Es gelang – wohl zu gut – denn 1987 folgte der Louvre-Accord, der den Zerfall des US-Dollars aufhalten sollte. Wiederum ein Ziel: Stärkung des US-Dollar.

Der Mar-al-Lago-Accord, für dessen Implementierung sich die Amerikaner gegenwärtig warmlaufen, ist von einem ganz anderen Kaliber. Verglichen mit dem Mar-al-Lago-Accord, waren die Plaza- und Louvre-Accords Frühstücksfernsehen, denn der Mar-al-Lago-Accord strebt eine komplette Neuordnung der Weltwirtschaftsordnung an. Als Namensgeber soll das Anwesen Donald Trumps in Florida dienen; ein Indiz für seine Persönlichkeit als selbstsicherer, aber auch eitler Geschäftsmann, dem viel daran liegt als ganz Grosser in die amerikanische Geschichte einzugehen.

Es gibt bis jetzt keinen Textentwurf zu diesem Abkommen, sondern lediglich ein Strategiepapier, das von Stephen Miran im November 2024 verfasst wurde. Derzeit ist Miran Vorsitzender des Council of Economic Advisers (dt. Rates der Wirtschaftsberater). Dieses Papier trägt den Namen: «A User’s Guide to Restructuring the Global Trading System».

Wird man von diesem Mann noch viel hören? – Steven Miran, 41-jährig, Harvard-Absolvent

Viele Ziele gleichzeitig

Kurz zusammengefasst strebt Donald Trump mit seiner Politik folgendes an: Die weltweite Dominanz des Dollars, jedoch in einer geschwächten Form, um US-Exporteure zu unterstützen. Er befürwortet Steuersenkungen, die das Haushaltsdefizit erhöhen, aber die Renditen von Staatsanleihen senken. Er beabsichtigt, Zölle für andere Länder zu erhöhen, um das Handelsdefizit der USA zu verringern, aber gleichzeitig die Attraktivität der USA als Standort für ausländische Investitionen zu stärken und die USA wieder zu re-industrialisieren. Schlussendlich möchte er den riesigen Schuldenberg der USA mit langlaufenden neuaufgelegten Obligationen mit tieferen Zinsen refinanzieren.

Da Trump berühmt dafür ist, seine Strategie innert 24 Stunden immer wieder zu ändern, wäre eine detaillierte Analyse des im letzten November publizierten «Users’ Guide» nicht angebracht, denn wie Trump diesen Accord ändern wird – und das muss er unter den gegebenen sich laufend ändernden Situation sicherlich tun – ist noch nicht absehbar.

Widersprüche

Auch sind die Ziele zum Teil widersprüchlich: Trump möchte, dass der US-Dollar weiterhin als Reservewährung dominant bleibt; das muss er auch, sonst verliert er einen riesigen Vorteil – das exorbitante Privileg – den eine Reservewährung innehat. Da eine Reservewährung von aller Welt in Form von Obligationen gehalten wird, können sich die USA automatisch refinanzieren. Für Länder, welche den US-Dollar als Reservewährung halten, ist jedoch eine abschwächender US-Dollar uninteressant, da sich der Wert ihrer Reserven durch einen Dollarzerfall vermindern, mit anderen Worten verlieren sie Geld. Dieser Widerspruch allein zeigt, dass die Gesamtstrategie der Amerikaner nicht durchdacht ist oder nur dann erfolgreich implementiert werden kann, falls die Amerikaner die volle Macht innehaben, den Rest der Welt in dieses Korsett zu zwingen. Dazu weiter unten.

Zollkrieg als ersten Schritt – unglaubwürdige Begründungen und nicht durchdacht

Einen Schritt versucht Trump bereits zu implementieren – er hat einen beispiellosen Zollkrieg gegen Freund und Feind losgetreten und die neuen Tarife nicht an den von den Zöllen der betreffenden Handelspartner bemessen, sondern am Handelsdefizit der USA, somit am eigenen Unvermögen, Güter herzustellen, welche von ausländischen Handelspartnern wirklich begehrt werden. (siehe unsere Ausführungen dazu in: Trump-Putin: Ein Deal, Jalta oder keine Einigung?) Zu Recht wird diese Voodoo-Berechnung der amerikanischen Zölle von allen Handelspartnern äusserst bissig kritisiert. Damit macht sich Trump komplett unglaubwürdig.

Trumps Ziel ist es, durch die Zölle die amerikanische Industrie zu schützen und zu fördern. Trump’s team machte jedoch einen grossen Denkfehler: Gemäss amerikanischen National Association of Manufacturers sind 56% aller US-Importe Grundprodukte für die Weiterverarbeitung in der amerikanischen Industrie, was dazu führt, dass solche Tarife der amerikanischen Industrie, welche Trump schützen und fördern möchte, schadet. Der Zollstreit Trumps ist somit auch ich nicht durchdacht.

Quelle: National Association of Manufacturers

China macht nicht mit – Trump macht Rückzieher – unglaubwürdig

Die von Trump gewählte “shock and awe”-Strategie (dt. Schock- und Einschüchterungsstrategien) mag für Länder des kollektiven Westens funktionieren; Scott Bessent hat behauptet, dass bereits über hundert Länder verhandeln wollen. Das mag sein, aber der Elefant im Raum ist China und der gelbe Riese tanzt nicht mit und hat tatsächlich die Möglichkeiten den USA grosse Probleme zu bescheren, was bereits getan wurde: Der Export von seltenen Erden in die USA wurde blockiert. Trump hat bereits zurückbuchstabiert. Die Chinesen sind entschlossen, in diesem Kampf – besser: Krieg – nicht klein bei zu geben. Wenn Chinesen trotzen, so hat das eine andere Qualität wie wenn das etwa Herr Merz in Berlin versucht. Die Amerikaner werden wohl nie lernen, dass die gleiche Reaktion von verschiedenen Ländern eine komplett verschiedene Qualität haben können. Meine Sicht: Die Chinesen werden hart bleiben.

Japan stellt sich Trumps Strategie entgegen

Japan steht seit Jahren kurz vor dem Kollaps und schaffte es bis jetzt, den kompletten Kollaps zu verhindern, mit Mitteln, welche den Kollaps nicht verhindern, sonder vor sich her schiebt.

Nach dem Libanon und Sudan weist Japan mit über 260% die höchste Staatsverschuldung der Welt auf. Selbst im schuldengeplagten Europa liegen die Schuldenquoten viel tiefer – Griechenland: 162%. Die tiefgehaltenen Zinsen führen dazu, dass die Staatspapiere keine Käufer mehr finden und damit die japanische Zentralbank zurzeit um die 45% der eigenen Schulden hält. Der Aktienindex Nikkei erholte sich zudem nie mehr seit dem biblischen Crash im Dezember 1989 – das ist 36 Jahre her.

Quelle: Worcester Consulting Group

Vor diesem Hintergrund ist es durchaus verständlich, dass die Japaner alles unternehmen werden, nicht noch ein weiteres Risiko nach Hause zu holen. Die Amerikaner beabsichtigen, mit allen ausser China einen Deal zu machen, um sich dann als Gruppe gegen China zu stellen.

«And then we can approach China as a group,» he added.

Scott Bessent – 9. April 2025

Die Japaner haben nun die Wahl, sich entweder gegen die Amerikaner oder gegen die Chinesen zu stellen. Japan scheint seine Wahl getroffen zu haben. Hier ist jedoch anzumerken, dass die USA aufgrund von sogenannten SWAP-Agreements, durch welche die FED Japan mit US-Dollar versorgt, eine veritable Waffe in der Hand haben. Die Japaner laufen somit Gefahr, dass die Amerikaner einen Finanzkollaps des bereits mehr als fragilen japanischen Markt verursachen bzw. androhen könnten. Daher der sehr vorsichtige Ton der Japaner.

Japan möchte nicht in die Bemühungen der USA verwickelt werden, den Handelsdruck auf China zu maximieren, indem es seine eigenen wirtschaftlichen Beziehungen zu Peking einschränkt, das Tokios größter Handelspartner und eine wichtige Quelle für Waren und Rohstoffe ist.

Obwohl die USA keine konkreten Forderungen an Japan in Bezug auf China gestellt haben, würde Tokio im Falle solcher Forderungen seine eigenen Interessen in den Vordergrund stellen, so japanische Beamte. Einer der Beamten fügte hinzu, dass Japan China mehrfach mitgeteilt habe, dass es sich in Bezug auf Chip-Exporte und Halbleiterbeschränkungen nicht vollständig mit den USA einig sei. Gestern führte ich ein Gespräch zu diesem Thema mit einem engen Freund, der die Japaner gut zu kennen scheint. Er ist skeptisch bezüglich dem japanischen Rückgrat gegenüber den USA. Sein Fazit: Die Japaner haben den Magen nicht, sich gegen die USA zu stellen. Ein interessanter Gedanke.

Falls jedoch Japan diese Haltung beibehalten wird, so ist das eine Premiere: Japan ist seit 1945 eine Kolonie der USA und stellte sich bisher nie gegen seinen Kolonialherrn. Gemäss den Japan’s grösster Handelspartner bezüglich Importe und Exporte ist nicht Amerika, sondern China. Japan ist jedoch für die geopolitische Strategie der USA in Asien essentiell, von grösster Bedeutung. In keinem Land betreiben die USA mehr Militärbasen als in Japan: 120 an der Zahl.

Quelle: Okijets

Japan ist für die USA das wichtigste Sprungbrett nach China. Ohne die amerikanischen Basen in Japan ist die Umzingelung Chinas mit amerikanischen Basen keine mehr. Fällt Japan weg (ca. 55’000 US-Soldaten), so bleibt als Nummer zwei Südkorea, wo die Amerikaner nicht einmal die Hälfte US-Soldaten stationiert (24’000).

Quelle: MapPorn

ASEAN steht auf

Die ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) hat folgende Mitglieder: Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam. Der Handel zwischen ASEAN und China steigt stetig. Im ersten Quartal um 7.1% gegenüber dem Vorjahr und kommt damit auf einen 16,6 Prozent-Anteil am gesamten Außenhandel Chinas. Somit ist die ASEAN als Handelspartner wichtiger für China als die USA (knapp 15%).

In einer gemeinsamen Erklärung vom 4. Mai 2025 verurteilt ASEAN Handelsprotektionismus (Pkt. 6). In Punkt 7 liest die Erklärung:

«Wir fordern eine verstärkte regionale Einheit und Zusammenarbeit, um die erhöhte Unsicherheit zu bewältigen. Unsere derzeitige politische Priorität besteht darin, die langfristige Widerstandsfähigkeit zu stärken und gleichzeitig flexibel zu bleiben, um kurzfristige Herausforderungen wie den zunehmenden Protektionismus und die volatilen globalen Finanzbedingungen zu bewältigen.»

Asean – 4. Mai 2025 – Punkt 7

Wie dies die ASEAN anstellen wird, ist ungewiss. Gewiss ist jedoch, dass mehr und mehr asiatische Länder zusammenstehen.

Zwischenergebnis

Die Bemühungen der USA, eine neue Finanzweltordnung zu schaffen, hat somit nicht nur finanzpolitische Konsequenzen für die ganze Welt, sondern hat das Potential die Dominanz der grossen Mächte nachhaltig aus der Balance zu bringen.

Den Mar-al-Lago-Accord durchzubringen – oder besser zu erzwingen – ist eine Herkulesaufgabe für die Amerikaner, welche ein solches Diktat vor 81 Jahren dem Rest der Welt erfolgreich aufbürdeten. Doch, die Zeiten haben sich geändert – und auch die Vorherrschaft der USA.

Angestrebt wird die erneute Dominanz der USA

Verantwortung als Hegemon nach dem 2. Weltkrieg nicht wahrgenommen

Das Ziel der Amerikaner ist es, die ganze Welt wieder so zu dominieren, wie sie dies nach dem 2. Weltkrieg taten. Die Amerikaner verpassten es jedoch, ihre Vormachtstellung zu hegen und zu pflegen, da sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Kriege vom Zaune rissen (Korea, Vietnam etc.), Regierungen stürzten (Naher Osten und Südamerika) und sich dabei finanziell übernahmen (Nixon-Schock 1971). Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion erhielten sie wiederum eine Chance ihre Fehler auszubügeln und Stabilität auf der Welt herzustellen.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR – nichts dazugelernt

Dies wäre der optimale Zeitpunkt gewesen, die finanzielle Stabilität der USA wieder zu erlangen, da die behaupteten Gefahren des Kalten Krieges nicht mehr bestanden. Die USA taten jedoch genau das Gegenteil und strebten die komplette Dominanz an, anstatt sich um ihr eigenes Land zu kümmern. Das Dokument dazu wurde im September 2000 von den Neo-Cons Dick Cheney, Paul Wolfowitz, Jeb Bush und Lewis Libby verfasst: «Rebuilding America’s Defenses – Strategy, Forces and Resources For a New Century» (dt. Wiederaufbau der amerikanischen Verteidigung – Strategie, Streitkräfte und Ressourcen für ein neues Jahrhundert). 9/11 war ein Jahr später der willkommene Auslöser für viele Kriege. Wir haben darüber bereits in «Blutbäder verändern die Welt – Teil 2 – 9/11» detailliert berichtet. Diese Kriege endeten alle in militärischen Fiaskos – das letzte Fiasko ist der Ukrainekrieg.

Was die heutige Administration nicht versteht oder nicht verstehen möchte, ist der Umstand, dass Mechanismen, welche die USA mit dem Mar-al-Lago-Accord zu implementieren sucht, komplette Dominanz oder Glaubwürdigkeit der USA bedürfen, denn alle Massnahmen dieser neuen Weltordnung bevorteilen die USA, auf Kosten des Rests der Welt.

Bretton-Woods: Diktat des Siegers

Alle Fäden in der Hand und unzuverlässig

Das letzte Mal als die Weltwirtschaftsordnung komplett umgeordnet wurde, tobte der 2. Weltkrieg – es war der Sommer 1944.

In diesem Zusammenhang ist es nicht wichtig, ob es den USA zu verdanken ist, die Nazis besiegt zu haben. Die Hauptlast trugen zwar die Russen, aber die USA begannen bereits ein knappes Jahr vor dem Ende des europäischen Krieges erfolgreich die Kriegsbeute einzuheimsen. Das Ziel war es, die Welt mit dem US-Dollar zu beherrschen. Das gelang, da die Vereinigten Staaten im Zenit ihrer Macht standen: Sie dominierten mit den Russen das Kriegsgeschehen, verfügten über 22’000 Tonnen Gold und die amerikanische Industrie produzierte 70% der Güter dieser Welt. Totale Dominanz sieht folgendermassen aus: Militärische Dominanz; industrielle Dominanz; Gold.

Gegen eine solche, auf den drei Säulen Militär, Industrie und Gold fussende Machfülle, war der gesamte Rest der Welt – ob Freund oder Feind – chancenlos. 

Das Bretton-Woods System war somit ein Ausfluss der absoluten Macht der USA und nicht – so wie in den Geschichtsbüchern dargestellt – ein System, das durch die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs zum Schutz des gesamten Westens in einer Atmosphäre von freundschaftlicher Partnerschaft verhandelt wurde. 

Bretton Woods besiegelte auch den Untergang des britischen Empires, indem man durch die Anbindung der restlichen Währungen an den US-Dollar und dessen Anbindung an Gold den Amerikanern die absolute Macht zugestand und das britische Pfund – die bisherige Reservewährung – elegant neutralisierte. Die Engländer, unter John Maynard Keynes, schlugen ein System vor, das die Einführung des «Bancor» vorsah. Der Bancor wäre als internationale Rechnungseinheit verwendet worden, an welche die teilnehmenden Währungen gekoppelt worden wäre. Der Wert des Bancors selbst sollte durch Gold gedeckt werden. Die Engländer scheiterten – die Amerikaner setzten sich durch. 

Das von John Maynard Keynes vorgeschlagene System, bei welchem ein goldunterlegter Bancor als Abrechnungseinheit gedient hätte, wäre ein gerechtes System gewesen, das den Ländern mit Leistung eine fairere Chance gegeben hätte und zu einer – wenigstens geldpolitisch – multipolaren Welt geführt hätte. Das Ziel der USA war weder Fairness noch Multipolarität, sondern Dominanz – das erreichten sie.

Bereits 26 Jahre nach dem 2. Weltkrieg schloss Präsident Nixon das sogenannte Goldfenster. Das ist eine mehr als freundliche Beschreibung der Wirklichkeit: Die Amerikaner kamen ihrer Hauptpflicht – den US-Dollar jederzeit zu US-Dollar 35.- pro Unze in Gold umzutauschen – nicht mehr nach. Das nennt man Vertragsbruch – die Partnerstaaten von Bretton-Woods blieben auf ihren Papierdollar sitzen. Konsequenz: Seit 1971 verlor der US-Dollar über 98% seiner Kaufkraft (Goldpreis 1971: 35.- pro Unze; 2025: 3’250.- pro Unze).

Das letzte Mal als die USA 1944 somit ein neues zu ihren Gunsten ausgestattetes Weltfinanzsystem durchsetzten, waren sie viel mächtiger als heute und die Welt konnte zusehen, wie verlässlich die amerikanische Führung als Vertragspartner waren, ohne dagegen etwas ausrichten zu können.

Trump beschwört Gold

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Aussage von Präsident Trump vom 21. April 2025, als er auf True Social folgende Aussage machte:

“Wer das Gold hat, macht die Regeln.” – Donald J. Trump – 21. April 2025

Das ist übrigens keine Eigenkreation von Donald Trump, sondern stammt aus einem Cartoon (The Wizard of Id) as dem Jahre 1964.

economicsociology.org

Wer hat das Gold?

Diese Nachricht könnte ein Versuchsballon Trumps sein, der Welt zu zeigen, dass Gold im neuen System eine grosse Rolle spielen wird.

1944 verfügten die USA über Goldreserven von 22’000 Tonnen, heute behaupten die USA, noch 8’133 Tonnen haben. In unserem Artikel «Wie BRICS seine größte Herausforderung meistern könnte – der Zahlungsausgleich» machten wir uns darüber Gedanken, über wieviel Gold die grossen Spieler tatsächlich verfügen. Es gibt viel Literatur darüber, die in Zweifel zieht, dass die amerikanischen Goldreserven tatsächlich unbelastet vorhanden sind. Niemand weiss es. Präsident Trump liess jedoch im Februar verlauten, dass er nachschauen wolle, ein Indiz dafür, dass nicht einmal der amerikanische Präsident die Wahrheit kennt.

Viel sicherer ist jedoch, dass die tatsächlichen Reserven von China und Russland (offiziell sind es je um die 2’500 Tonnen) um ein Vielfaches höher liegen, nämlich ca. 12’000 Tonnen für Russland und ca. 25’000 Tonnen für China. Alastair Macleod hat dazu viel geschrieben und geforscht.

Bevor Gold in einem neuen System wieder eine Rolle spielen kann, müssten zuerst die Fakten auf den Tisch. Im heutigen geopolitischen Umfeld bezweifle ich, dass dies möglich ist oder im Interesse dessen stünde, der bezüglich seiner Reserven flunkert.

Fazit

Die Liste der geopolitischen Probleme, mit denen sich die USA gegenwärtig konfrontiert sieht, ist sehr lang und die meisten davon haben die USA selbst zu verantworten. Das sind Konsequenzen davon, dass die Führung der USA spätestens seit 1945 der Meinung war, ohne Feinde nicht existieren zu können, der militärisch-industrielle Komplex den «forever-war»  propagierte und umsetzte und mit der (erfolglosen) Konzentration auf das Militärische das Wohlergehen des eigenen Landes vernachlässigte wurde, indem die Infrastruktur und Industrie systematisch vernachlässigt und/oder zerstört wurde. Genau das Gegenteil tat China: Jeder der in der letzten Zeit einmal China bereist hat, erkennt, dass die Chinesen in den letzten 40 Jahren nicht nur einen Industriegiganten aus dem Boden gestampft haben, sondern ihren Menschen eine Infrastruktur hingestellt haben, dass einem die Freudentränen kommen. Als letzte Konsequenz des eigenen Tuns, benötigen die USA dringend eine neue internationale Finanzarchitektur, um im eigenen Schuldensumpf nicht unterzugehen.

Mit dem Mar-al-Lago-Accord scheint Trump zu versuchen, alle Probleme mit einem Schlag lösen zu können. Abgesehen davon, dass die Ziele dieses geplanten neuen Diktats zum Teil widersprüchlich sind, stellt sich die Frage, wie das durchzusetzen wäre.

1944 zur Durchsetzung des Bretton-Woods-Systems bedurften die Amerikaner keinen Charm: Das Zauberwort hiess absolute Macht.

Heute ist die Situation eine andere. Die USA sind angeschlagen und verzetteln sich mit einer erratischen Strategie in der Aussenpolitik: Zuckerbrot und Peitsche funktionieren nur dann, falls die Peitsche wirklich weh tut. Das scheint nicht mehr der Fall zu sein. Dies ist an den Reaktionen von China und nun auch Japans zu erkennen.

Was bedarf es, um andere in ein Vertragswerk einzubinden, wenn man nicht über die absolute Macht verfügt? – Glaubwürdigkeit.

Die amerikanische Führung hat seit dem 2. Weltkrieg hart daran gearbeitet, um als Vertragspartner dazustehen, dem nicht zu trauen ist. Militärische Verbündete wurden laufend im Regen stehen gelassen; am schädlichsten jedoch war der Umstand, dass die USA ihre 44 Partner von Bretton-Woods 1971 über den Tisch zogen. Zu diesem Zeitpunkt mussten diese Länder die Faust im Sack machen, da ihnen nichts anderes übrig blieb. Den Amerikanern mit einem geschwächten Amerika noch einmal die Führung des internationalen Finanzsystems zu übertragen, schliesse ich geradezu aus.

Die Trump-Administration muss somit einen Vorschlag ausarbeiten, mit dem der Rest der Welt leben kann. Der Rest der Welt schliesst 90% der Weltbevölkerung ein und hat sich seinerseits organisiert. Die Chancen dazu stehen äusserst schlecht. Eine Rede von Finanzminister Scott Bessent auf dem IIF Global Outlook Forum vom 23. April 2025 ist Zeugnis davon.

Scott Bessent führt sich auf wie der Herr der Welt – ohne jeden Grund.

Bessent gibt sich arrogant und die Lügen, Halbwahrheiten über Bretton-Woods und die heutige Situation sind dermassen zahlreich, dass einem beim Zuhören nicht nur die Ohren, sondern die Seele wehtut. Selbstverständlich erwähnt er jene Organisation, welche den gesamten Rest der Welt repräsentiert, nicht mit einem Wort. Ohne die Einbindung dieser Organisation, über welche wir immer wieder berichten, wird der Accord in einem Bunker des Mar-al-Lago-Golfplatz steckenbleiben. – Diese Organisation heisst BRICS.

Mar-al-Lago wird scheitern – ohne Glaubwürdigkeit geht nichts mehr.

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