Der Krieg zweier Welten hat begonnen – Teil 4
Das grosse Spiel nicht aus den Augen verlieren: Der Hegemon kämpft um die Vorherrschaft gegen eine multipolare, aber heterogene Welt. Die Kehrtwende der USA ist lediglich ein Mosaikstein im grossen Spiel.
Peter Hänseler

Einleitung
Im 1. Teil haben wir die Strategie der Briten und der Amerikaner im 1. und 2. Weltkrieg erörtert und herausgearbeitet, dass die Narrative dieser beiden Grosskonflikte des 20. Jahrhunderts einer faktischen Überprüfung nicht standhalten. Weiter haben wir die gegenwärtige schwierige Lage beschrieben, in welcher sich der Kollektive Westen zurzeit befindet. Im 2. Teil beschrieben wir die Stärke des Globalen Südens, welcher Unabhängigkeit vom jahrhundertlangen Korsett des Kollektiven Westens sucht und dazu eine Organisation namens BRICS geschaffen hat, welche bereits heute die grösste wirtschaftliche Gemeinschaft bildet, die unsere Welt je gesehen hat. Der Umstand, dass diese Organisation im Westen bis vor kurzem nicht wahrgenommen und somit nicht ernstgenommen wurde, hilft dem Westen nicht.
Im 3. Teil ging es um die Kehrtwende der USA gegenüber Russland, die Beendigung des Ukrainekonflikts sowie die Bemühungen der USA und Russland, ihre Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen.
Die Entwicklungen in den letzten Tagen rufen wiederum nach einer Einordnung und somit sehe ich mich veranlasst, die langfristige Sicht zu verschieben, um eine mittelfristige Sicht einzubringen. Alle Welt ist von der Abkehr der amerikanischen Politik gegenüber Russland gefangen und viele sind versucht, die gesamte geopolitische Strategie der USA in Frage zu stellen. Da wäre ich äusserst vorsichtig, denn bezüglich des Nahen Ostens oder Südamerika hat sich die Politik der USA überhaupt nicht verändert.
In Zeiten grosser geopolitischer Spannungen ist es nicht ungewöhnlich, dass Kehrtwenden vollzogen werden – diese muss man erwarten. Somit sind meine Aussagen zum weiteren Verlauf mit grösster Vorsicht zu geniessen, denn trotz meines Bemühens einen faktenbasierten und objektiven Trend herauszuarbeiten, können sich die Grundlagen schlagartig verändern, was eine neue Beurteilung notwendig machen würde.
Etwa habe ich bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass die instabile Situation in den Finanzmärkten – vor allem im Kollektiven Westen – jederzeit zu riesigen wirtschaftlichen Verwerfungen führen kann, welche die Parteien zu einer kompletten Richtungsänderung ihrer Politik zwingen würde. Das ist der grosse Vorbehalt zu alldem, was ich in dieser Artikelserie schreibe und ich möchte meinem Erstaunen Ausdruck geben, dass die Instabilität in den Finanzmärkten und die astronomische Verschuldung dieser Welt von der grossen Mehrheit der geopolitischen Beobachter ausser Acht gelassen werden. Ich nehme gerne in Kauf, meinen Lesern etwas auf die Nerven zu gehen, wenn ich im Lauf dieser Serie regelmässig auf dieses Risiko aufmerksam mache: Es ist das grösste geopolitische Risiko, das ich zu identifizieren vermag. Die Frage stellt sich nicht, ob, sondern wann sich dieses Risiko zum Fiasko drehen wird, schlagartig und «unerwartet». Wir werden ganz sicher von «Experten» zu hören bekommen, dass man mit einer solchen Wendung nicht habe rechnen können. Wirklich? – Dieser Kollaps wird ganze Länder ins Elend stürzen und Millionen von Menschen das Leben und vielen Politikern den Verstand kosten. Es ist mir ein Rätsel, dass diese Gefahr von so wenigen erkannt wird.
Abgesehen von meinem grossen Vorbehalt bezüglich Finanzkollaps möchte ich anführen, dass mein «Wissen» beschränkt ist. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht dazulerne, denn es gibt mehr relevante Fakten in der Geopolitik als ich je in meinem Leben verinnerlichen kann. Das ist auch einer der Hauptgründe, dass ich mich davor hüte, apodiktische Aussagen zu machen. In diesem Teil werde ich versuchen, die mittelfristigen Entwicklungen zu erahnen.
Mittelfristige Entwicklung
Keine Chance für Europa, den Konflikt gegen Russland weiterzuführen
Ich habe die Kehrtwende der USA und die feindlichen Reaktionen Europas auf die amerikanischen Friedensbemühungen in Teil 2 beschrieben. Die Europäer suchen den Krieg zu verlängern und die westlichen Medien unterstützen diese menschenverachtende Strategie, ein Verhalten Europas, das an Zynismus und Unehrlichkeit kaum zu überbieten ist. Präsident Macron und der Brite Starmer gemeinsam mit Friedrich Merz versuchen, den Krieg irgendwie am Leben zu erhalten, falls notwendig im Alleingang. Über den Eklat im Oval Office vom 28. Februar haben wir bereits berichtet: Kurzanalyse: «Selenski zerstört sich selbst und schadet seinem Volk». Am Sonntag, 2. März 2025 rief Starmer die «Koalition der Willigen» aus. Ich weiss nicht, ob Starmer dumm, zynisch oder beides ist. Die Losung «Koalition der Willigen» wurde ab 2002 vom damaligen Premier Tony Blair benutzt, um Unterstützung für einen illegalen Krieg – den Irak-Krieg – zusammenzutrommeln. Heute wissen alle, was für ein Krieg das war: ein «phony war». Die Wiederverwendung dieses Begriffs ist somit nicht sonderlich weise. Diesmal richtet sich die Koalition der Willigen nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen die USA.
Ich erlaube mir anzumerken, dass diese Idee auf komplett lächerlichen Vorstellungen beruht: Die Armeen Deutschlands, Frankreichs und Grossbritannien sind potemkinsche Dörfer. Grossbritannien etwa verfügt über mehr Admiräle als Kriegsschiffe, ein Zeichen dafür, dass alles nur Show ist. Von den insgesamt 92’000 Soldaten sind lediglich die Hälfte Frontsoldaten und 25% davon nicht einsatzbereit: Starmer droht somit mit gut 34’000 Soldaten (bei einer Frontline von etwa 1’200 km in der Ukraine kommen somit etwa 28 Soldaten auf den Kilometer). Weiter verfügen die Briten über ca. 40 einsatzbereite Panzer. Bei den anderen «Koalitionspartnern» sieht es ähnlich aus. Diese Koalition der Willigen wird ein Haufen schlecht ausgebildeter und schlecht geführter Soldaten, die keine Ahnung haben, was Krieg ist. Über den Zustand und die Führung der Nato und ihren Streitkräften verweise ich auf Andrei Martianov.
Donald Trump wird ein solches Unterfangen, das bereits im Papiertigerstadion im Papierkorb enden wird, nicht unterstützen. Seine Ziele lauten anders: Normalisierung der Beziehungen mit Russland und Business.
Donald Trump liess denn Premier Starmer mit dem Satz «Could you take on Russia by yourselves?» in der Pressekonferenz vom 27. Februar 2025 bereits im Regen stehen. Starmers Antwort: «Well, ha, ha, ha».
Russland wird keine europäischen Truppen in der Ukraine akzeptieren, Trump wird keine US-Truppen entsenden. Dieses Kaspertheater der Europäer dient lediglich dazu, die Europäer an den Verhandlungstisch zu bringen – mit einem europäischen Vorschlage. Ich bin verwegen genug zu behaupten, dass die Europäer keine Truppen in die Ukraine senden werden.
Selenski agiert weiter ungeschickt als er gestern verlauten liess, dass das Ende des Krieges gegen Russland «weit, weit, weg sei.».
Darauf reagierte Donald Trump mit folgenden Worten:
„Das ist die schlechteste Aussage, die Zelenskyy hätte machen können, und Amerika wird sich das nicht mehr lange gefallen lassen!“
Präsident Trump
Weiter reagierte Trump mit der sofortigen Einstellung der Militärhilfe für die Ukraine – das betrifft überigens alle Lieferungen, welche noch nicht in der Ukraine sind – somit auch Waffen und Munition, welche etwa bereits in Polen angekommen sind. Interessant in diesem Zusammenhang ist für mich eine Frage, ob darin die Satetelitennavigation und Überwachungshilfe eingeschlossen ist – ohne diese werden auch die Europäer keinen Krieg führen können, da sie selbst über keine ganzheitlichen Systeme verfügen und auf amerikanische Infrastruktur angewiesen sind.
Schliesslich verkündete Donald Trump, heute, am 4. März 2025, eine Rede zu halten. Es würde mich nicht überraschen, wenn wiederum eine diplomatische Bombe gezündet würde: Etwa die Aufkündigung der Mitgliedschaft bei der NATO? – Heute Abend wissen wir mehr.
Der Deal zwischen Russland und Amerika wird hinter verschlossenen Türen verhandelt – nicht in der Öffentlichkeit
Donald Trump ist enthusiastisch und Präsident Putin ist kühl, aber hoffnungsvoll, dass ein Deal zustande kommt. Es scheint so, dass sich die beiden Parteien über Grundsätzliches einig sind, ansonsten würde sich der Kreml auf keinen Fall vorsichtig-positiv äussern. Auf das Geschwätz in den Medien kann man getrost verzichten, speziell auf das Geschwätz in den westlichen Medien. Seit Jahren verbreiten die westlichen Medien ausnahmslos Propaganda, welche mit Berichterstattung nichts zu tun hat. Jetzt ist klar ersichtlich, dass die Medien mit ihren «Prognosen», die keine waren, komplett falsch lagen – an ihrer Stelle würde ich wohl den Freitod wählen, aber diese Huren erröten nicht einmal.
Gesamthaft bin ich – ähnlich übrigens wie die russische Bevölkerung – hoffnungsvoll und vorsichtig optimistisch, passend zur Skepsis, welche fester Bestandteil der russischen Seele ist. Man hofft, dass eine Einigung zwischen den USA und Russland zustande kommt und damit das Sterben an der Front ein Ende hat.
Diese Einigung wird nicht in der Öffentlichkeit verhandelt, sondern hinter verschlossenen Türen. Die Europäer werden mit einem Vorschlag kommen, ein Vorschlag, welcher mit Sicherheit eine Einigung erschweren wird. Dies, und der Umstand, dass Donald Trump die Früchte eines Abkommens ohne die Europäer ernten möchte, sind ein Hinweis darauf, dass Trump die Europäer nicht an den grossen Tisch, aber möglicherweise am Katzentisch dulden wird.
Weitere Gebiete an Russland?
Wie diese Einigung genau aussehen wird, kann ich nicht abschätzen, denn eine Einigung wird sich nicht auf den Ukrainekonflikt beschränken. Bezüglich der Ukraine gehe ich davon aus, dass die vier von Russland nach einer Volksabstimmung annektierten Gebiete Donetzk, Lugansk, Saporischschja und Cherson bei Russland verbleiben werden, zumal sie jetzt nach der aktuellen Verfassung der Russischen Föderation russisches Staatsgebiet sind. Weitere russischstämmige Gebiete könnten nach weiteren Referenden dazukommen, denn es ist durchaus denkbar, dass man zum Schluss kommt, dass ukrainische Gebiete – nach dem Grundsatz der Selbstbestimmung – über ihr Schicksal abstimmen werden – eine solche Idee hatte Elon Musk bereits im Oktober 2022.
Wir haben nach Zahlen bezüglich Bevölkerungszusammensetzung in verschiedenen Gebieten der Ukraine gesucht. Es gibt keine aktuellen Zahlen; die meisten stammen aus dem Jahre 2001. Gemäss Wikipedia – somit mit Vorsicht zu geniessen – stellen die Russen ausserhalb der Krim die größte ethnische Gruppe in Donezk (48,2 %) und Makiivka (50,8 %) im Oblast Donezk, Terniwka (52,9 %) im Oblast Dnipropetrowsk, Krasnodon (63,3 %), Swerdlowsk (Dowschansk) (58,7 %), Krasnodon Raion (51,7%) und Stanyzja Luhanska Raion (61,1 %) im Oblast Luhansk, Ismail (43,7 %) im Oblast Odessa, Putywl Raion (51,6 %) im Oblast Sumy.
Der Grad der Russischstämmigkeit ist somit in diesen Gebieten nicht riesig, aber die Bevölkerung in diesen Gebieten spricht russisch und lebt russisch. Die Ergebnisse der Referenden auf die Frage, ob sie damit einverstanden seien in die Russische Föderation eingegliedert zu werden, waren überwältigend; über 90% Zustimmung bei einer Stimmbeteiligung von ebenfalls über 90%. Siehe unser Artikel «Selbstbestimmung der Völker – der Westen biegt das Recht nach Gutdünken» vom Februar 2023 mit dortigen Verweisen.
Somit entschieden sich viele nicht-russischstämmige Bewohner dieser Gebiete, zu Russland gehören zu wollen. Das hat neben patriotischen Gründen somit auch handfeste, praktische Gründe. Die Infrastruktur Russlands ist um Jahrzehnte fortgeschrittener als in der Ukraine, Saläre und Pensionen betragen ein Vielfaches des ukrainischen Niveaus und die Menschen fühlen sich sicher in Russland. Weiter funktionieren die Dienste der öffentlichen Hand tadellos. Hier spreche ich als Schweizer, der Russland wirklich kennt und vergleiche somit die öffentliche Hand mit jener in der Schweiz. Weiter möchte ich darauf hinweisen, dass das Bruttosozialprodukt in der Ukraine im Jahre 1991 höher war als das in Russland. Russland hat sich wirtschaftlich positiv und die Ukraine negativ entwickelt. Russland hat übrigens nicht das geringste Interesse daran, Gebiete zu übernehmen, deren Bevölkerungen nicht zu Russland gehören möchten. Das Ziel Russlands ist es, die westliche Grenzregion des Riesenreiches nachhaltig zu stabilisieren. Die westliche Propaganda der baltischen Staaten, Polens und sogar Deutschlands, die Russen hätten imperialistische Interessen im Westen, ist ein komplettes Hirngespinst, das mit keinen Fakten zu unterlegen ist.
Abtretungen westlicher Teile der Ukraine an Anrainerstaaten?
Es ist denkbar, dass Amerika – um die Europäer zu beschwichtigen – westliche Gebiete der Ukraine Polen, Rumänien und Ungarn zuschlägt. Ob das eine gute Idee sein wird und was danach mit der Rest-Ukraine passieren wird, weiss niemand.
Die Empörung im Westen über eine solche Einigung wird grenzenlos sein, selbstverständlich abgesehen von jenen Ländern, welche ein Stück des Kuchens erhalten werden. Das hat aber lediglich damit zu tun, dass die heutige woke und ungebildete Gesellschaft im Westen nicht weiss, dass nach Kriegen regelmässig Länder beschnitten, filetiert, geteilt oder kreiert wurden, um die Kriegsbeute zu teilen und sehr oft sind neue Länder daraus entstanden – auf Kosten anderer.
Die Liste ist lang: Nach dem 1. Weltkrieg etwa wurden auf Kosten von Österreich-Ungarn, das unterging, die Tschechoslowakei, das Königreich Serbien, Österreich, Ungarn und Polen (galizischer Teil) gebildet. Auf Kosten von Russland wurden Lettland, Estland, Litauen, (nördlicher und östlicher Teil), Finnland und Polen (östlicher Teil) gebildet. Deutschland ging Danzig verlustig und Böhmen und Mähren ging an die Tschechoslowakei und ein Teil ging an Litauen.
Die Frage, ob das fair oder rechtens sei, ist müssig: Es ist Realität und der Sieger verteilte die Beute – das wird immer so bleiben. Die Empörten im gegenwärtigen Konflikt störte es übrigens keineswegs, dass etwa Israel 1948 widerrechtlich ausgerufen wurde, auf Kosten der Palästinenser, die man seit 1948 Terroristen schimpft, um über diesen Landraub nicht zu erröten.
Aufhebung der Sanktionen
Die Amerikaner haben handfeste wirtschaftliche Interessen an einer Beilegung des Konflikts mit Russland – siehe Teil 2 dieser Serie.
Eine Wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Russland und den USA wird als logische Konsequenz die Aufhebung der Sanktionen nach sich ziehen. Falls dies eintrifft, sehe ich persönlich keine reelle Möglichkeit für Europa, die Sanktionen aufrechtzuerhalten. Der Zwergenaufstand, welcher nach dem Fiasko im Weissen Haus in London aufgeführt wurde, inklusive Königsbesuch und Treffen mit weiteren Führern Europas, wird an den Fakten nichts ändern. Mittelfristig wird sich das Verhältnis Russland-USA entspannen und normalisieren, da dies im Interesse beider Grossmächte liegt: Realpolitik.
Warum nur mittelfristig?
Es wäre jedoch komplett naiv zu glauben, dass diese Kehrtwende der USA langfristig Bestand haben wird. Diese Wende ist opportunistisch, d.h. Präsident Trump kann damit kurzfristig sein Land stärken, denn er ist sich bewusst, dass gute Beziehungen mit Russland gegenwärtig zu seinem Vorteil sind, denn die Attacke seit 2014 ist schlicht und einfach fehlgeschlagen – Zeit für die USA, sich an dieser Front zu konsolidieren. Dafür brauchen sie Zeit und diese verschaffen sie sich durch diesen Frieden.
Um Russland muss man sich keine Sorgen machen. Sie ordnen dieses Tauwetter genauso ein, wie es ist und werden möglichst viel in Vereinbarungen mit den USA packen. Hätten die Russen Vertrauen in die USA, so wären sie bereit gewesen, mit den USA eine Lösung zu finden, welche lediglich die Ukraine betroffen hätte. Doch da ist kein Vertrauen, und das ist gut so. Ich verweise auf die sechs Arbeitsgruppen, welche aufgrund der Ergebnisse von Riad gebildet werden.
Die Menschen haben ein kurzes Gedächtnis. Das letzte Mal als Frühlingsgefühle von den Amerikanern gegenüber Russland initiiert wurden, ist noch gar nicht lange her. Die Georgier griffen im Jahre 2008 Russland an, nachdem die Amerikaner President Mikheil Saakashvili in Georgien installiert hatten und die georgischen Streitkräfte mit amerikanischen Waffen ausrüsteten und ausbildeten, kam es zum Fünftagekrieg, welchen die Russen klar für sich entschieden. Die Amerikaner hatten sich – wie jetzt – eine blutige Nase geholt. Selbstverständlich wurden die Russen – wie jetzt – für den Konflikt verantwortlich gemacht, bis dann im September 2009 Reuters verlauten liess, dass ein unabhängiger Report der EU zum Schluss kam, dass Georgien den Konflikt begonnen hatte.
Das Ergebnis veranlasste die USA im März 2009 dazu, eine Charmoffensive gegenüber Russland zu starten, um Zeit zu gewinnen. Hillary Clinton übergab Sergei Lawrow einen «reset-button» – eine Reset-Taste, um die Beziehungen zu erneuern.
Das Ergebnis veranlasste die USA im März 2009 dazu, eine Charmoffensive gegenüber Russland zu starten, um Zeit zu gewinnen. Hillary Clinton übergab Sergei Lawrow einen «reset-button» – eine Reset-Taste, um die Beziehungen zu erneuern.

Die Amerikaner gewannen Zeit, um Maidan vorzubereiten und ab 2014 erneut Russland zu attackieren. Glauben die Amerikaner wirklich, die Russen hätten dies vergessen?
Zwischenergebnis
Ich nehme Präsident Trump ab, dass er eine Einigung mit Russland bezüglich der Ukraine erreichen möchte. Seine Interessen sind jedoch opportunistischer Natur, denn er kann es sich zurzeit schlicht und einfach nicht leisten, die Russen zum Feind zu haben. Sein Waffenarsenal ist erschöpft und falls er jetzt keinen Frieden schliesst, verliert er den Einfluss auf dem Gebiet der Ukraine komplett. Weiter möchte er die Russen für seine Strategie gegen die Chinesen instrumentalisieren. Das wird nicht erfolgreich sein, aber die Amerikaner werden dies versuchen, da sie das Prinzip von Loyalität nicht in ihrem Wörterbuch finden können.
Die Russen verlangten in Riad ein breites Spektrum von Themen zu besprechen, der Ukraine-Konflikt ist lediglich eines von sechs Themen [(1) Gruppe für strategische Sicherheit und Rüstungskontrolle; (2) Gruppe zur Überprüfung der globalen Sicherheitsarchitektur; (3) Gruppe für bilaterale diplomatische Beziehungen; (4) Gruppe Energie und Sanktionen; (5) Gruppe für die Beilegung des Konflikts in der Ukraine; (6) Gruppe Internationale Angelegenheiten (Naher Osten, Arktis)]. Der Grund dafür ist banal: Die Russen vertrauen den Amerikanern nicht und erwarten eine Wiederholung von 2009, d.h. sie verstehen, dass Trump lediglich Zeit schindet oder erwarten diese Haltung der Amerikaner.
Es liegt im Interesse der Russen, eine langfristige Einigung mit den USA zu erreichen und bieten den USA dafür ein Zückerchen an: Das Zückerchen sind Verträge über den Abbau von seltenen Erden in Russland. Diese Rohstoffe sind von zentraler Bedeutung für die Amerikaner – sie haben zu wenig und China – der Weltmarktführer – ist dabei, den Handel mit den USA zu unterbinden. Für die Russen ist das ein gutes Geschäft, denn sie haben diese Rohstoffe, fördern jedoch noch nicht viel – ein gemeinsames Projekt mit den USA kommt da wie gerufen. Damit untergraben die Russen gleichzeitig die Notwendigkeit eines Seltenen-Erden-Abkommens zwischen den USA und der Ukraine.
Falls es zu einer Einigung zwischen den USA und Russland kommen wird, werden die US-Sanktionen fallen.
Die Europäer veranstalten einen Zwergenaufstand, denn sie haben weder die militärischen, noch die finanziellen Mittel, um irgendetwas auf die Beine zu stellen, das Russland schaden könnte. Das Einzige, das sie erreichen, ist ihren Kolonialherrn in Washington zu erzürnen.
Die Russen warten ab und Donald Trump wird den Herren Merz, Macron und Starmer wohl eine Einzelabreibung in Washington verabreichen. Das kann er, wie wir dies am letzten Freitag erleben durften. Ob dies in aller Öffentlichkeit geschehen wird, liegt im alleinigen Ermessen von Donald Trump.
Eine Einigung zwischen Russland und den USA hat reelle Chancen erreicht zu werden – mittelfristig.
Dennoch, die Amerikaner verhalten sich gegenüber China, Südamerika, Kanada, Mexiko, Panama, dem Iran etc. (und nebenbei auch Europa) weit weniger konziliant. Ein Hinweis dafür, dass die USA bereit sind, ihre Vorherrschaft – oder besser: ihre geglaubte Vorherrschaft – aggressiv weiter zu verteidigen; mit allen Mitteln und gegen alle, die diese Vorherrschaft bedrohen.
Im Teil 5 geht es dann um das grosse Spiel, falls wir nicht wieder von Ereignissen überrannt werden, die einen weiteren Zwischenteil erheischen.
38 Kommentare zu „Der Krieg zweier Welten hat begonnen – Teil 4“