Die Teilung der Welt und der Gesellschaft in Gut und Böse

Europa und ihm voran Deutschland bewegt sich erneut auf einen neuen Abgrund zu. Der Titel des neuesten Buches von Wolfgang Bittner – «Niemand soll hungern, ohne zu frieren» – erinnert an den letzten Versuch, die Welt nach deutschem Vorbild zu formen.

Wolfgang Bittner analysiert die aktuelle politische Situation, schaut auf den Zustand der westlichen Gesellschaft und belegt den Verrat der politischen Eliten. Noch gibt es die Möglichkeit umzusteuern. Wie lange noch?

Wolfgang Bittner

Territoriale Veränderungen Deutschlands nach 1945 – eine Mahnung?

Militarisierung und Kriegsbereitschaft

Seit mehreren Jahren erleben wir zunehmend eine Teilung der Welt in die angeblich Guten und die angeblich Bösen. Was damit einhergeht, ist eine Emotionalisierung der Bevölkerung und eine erschreckende Militarisierung. Selbst Kinder kennen den deutschen Kampfpanzer Leopard, den amerikanischen Abrams oder den britischen Challenger sowie unterschiedliche Marschflugkörper. Eine unglaublich kriegsverherrlichende Rolle spielt dabei KiKa, der Kinderkanal von ARD und ZDF.

Eine Sendung zum Ukraine-Krieg von logo!, den ZDF-Kindernachrichten, machte sprachlos. Darin unterhalten sich ganz zwanglos die mit Mund, Nase und Augen versehenen Marschflugkörper Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens sowie ein Leopard-Panzer, und natürlich geht es gegen Russland.

Die quäkige Mädchenstimme von Taurus beginnt aufgebracht: „Dem Olaf Scholz müssen wir Marschflugkörper mal ordentlich den Marsch blasen.“ Worauf Storm Shadow mit englischem Akzent fragt: „Uhm, why?“Antwort von Taurus: „Na, weil der sich doch weigert, mich in die Ukraine zu liefern!“ Einwurf von Leopard 2 mit östlichem Akzent: „Wie damals bei mir!“ Scalp schaltet sich ein: „Hä, sch***ß doch auf dich, Taurus, die Ukrainer bekommen doch schon mich!“ Storm Shadow: „Und mich!“ Taurus entgegnet: „Ihr wisst schon, dass ihr ein und derselbe Marschflugkörper seid – nur halt aus unterschiedlichen Ländern?“ Dazu Storm Shadow: „Es sind die Unterschiede, die uns einzigartig machen und uns zeigen, wie besonders wir sind.“ Einwurf von Leopard 2: „Ey, poste das auf jeden Fall auf Insta!“ Storm Shadow: „Schon passiert!“

Taurus: „Kein Wunder, dass die mich haben wollen, ich bin halt eindeutig der bessere Marschflugkörper!“ Storm Shadow entgegnet: „Wohl eher ein Ar***flugkörper, wenn du nicht bald hier auftauchst!“ Scalp: „Hahahahaha!“ Taurus schreit: „Ey, an mir liegt’s doch nicht!“ Leopard 2: „Du musst doch nicht gleich in die Luft gehen!“ Taurus schreit: „Ich bin ein Marschflugkörper, genau das ist meine Bestimmung!“ Scalp, beschwichtigend: „Du darfst deshalb nicht in die Ukraine, weil euer Kanzler wieder mal zögert und zaudert?“ Storm Shadow weiß Bescheid: „Der German Fachbegriff dafür ist ‚scholzen‘.“ „Nein“, erwidert Taurus, „diesmal gab’s sogar ʼne Begründung: Weil ich so ʼne krasse Reichweite habe, hat er Angst, dass ich übers Ziel hinausschieße und Russland treffe.“ Jetzt räuspert sich die Mädchenstimme von Scalp und quäkt: „Hmm … Und was macht Russland seit zwei Jahren?“ Leopard 2 wiederholt: „Was macht Russland seit zwei Jahren?“ Taurus, erstaunt: „Ernsthaft?“[i]

„Kein Taurus für die Ukraine“ (Screenshot „Kika

Diese Propaganda, die unter den Augen von Politikern, Erziehern und Wissenschaftlern geschieht, spiegelt das Niveau und die Kriegsbereitschaftvon Journalistinnen und Journalisten wider, die nicht begreifen, was Krieg bedeutet und wie verantwortungslos sie handeln. In Deutschland ist eine Generation von Politikern und Journalisten herangewachsen, die von nichts eine Ahnung haben, aber alles zu wissen glauben – eine Blase ideologisch verwirrter Schwätzer und Karrieristen, die es mit der Wahrheit nicht genau nehmen, aber in der Lage sind, Existenzen zu vernichten.

Wie weit die Kriegsbesessenheit inzwischenfortgeschritten ist, zeigt auch die Haltung der Bildungsministerin, die erklärte: „Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken“, und dazu gehörten unter anderem Zivilschutzübungen an Schulen sowie ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“.[i] Die Ministerin plädierte zudem für mehr militärische Forschung an den Hochschulen.

Erst recht fassungslos machte die Haltung des Deutschen Lehrerverbands. Dessen Präsident hielt mit seiner „staatstragenden“ Ansicht nicht zurück: „Der Ukraine-Krieg schafft ein neues Bewusstsein für militärische Bedrohung, das auch an Schulen vermittelt werden muss.“[ii] Jugendoffiziere, die zu den Kindern und Jugendlichen kämen, seien dabei eine „sinnvolle Unterstützung“. Für den Verbandspräsidenten kann die Indoktrination der Kinder nicht schnell genug beginnen. Im Politikunterricht müsse zum Ukraine-Krieg und zur gesamteuropäischen Bedrohungslage gelehrt werden, sagte er, die Bundesbildungsministerin müsse unverzüglich das Gespräch mit den Bildungsministern der Länder suchen.

Der ehemalige Parlamentarier Albrecht Müller, vormals Planungschef bei Willy Brand und Helmut Schmidt sowie seit 2003 Herausgeber des Internetportals NachDenkSeiten, schrieb schon im April 2019: „Wir rutschen ab in Richtung Krieg, auch weil ehedem kritische Medien beim Feindbildaufbau mitmachen und die kritische Intelligenz ausfällt.“[i]

Es erweist sich ständig aufs Neue: Die fremdgesteuerten Medien in Deutschland sind eine Katastrophe.[ii] Man kann es nicht gemäßigter ausdrücken: In Politik, Medien, Justiz und Wissenschaft ist wieder das gleiche Kroppzeug herangewachsen, das uns schon einmal in den Untergang geführt hat. Diese Leute, von denen sich viele in Spitzenpositionen hochgedient haben, führen das große Wort, sie dominieren und unterdrücken alles, was ihnen und ihren Vormündern nicht passt.

Nachdem ein von der Opposition in den Bundestag eingebrachter Antrag auf Lieferung der Taurus-Marschflugkörper am 14. März 2024 mit 494 Stimmen bei 188 Gegenstimmen und fünf Enthaltungen abgelehnt worden war,[iii] wurde gegen Olaf Scholz in fast allen Zeitungen, im Rundfunk und auf allen Fernsehkanälen regelrecht zu Felde gezogen. Er äußerte sich zu den Gründen seiner Ablehnung der Lieferung kurz nach der Abstimmung: „Aus meiner Sicht ist das eine sehr weitreichende Waffe. Diese Waffe könnte angesichts der Bedeutung, dass man die Kontrolle über die Ziele nicht verlieren darf, nicht ohne den Einsatz deutscher Soldaten eingesetzt werden. Das lehne ich ab. Es ist etwas, wovor Bürgerinnen und Bürger sich Sorgen machen …“[iv]


Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich, der im Bundestag zur Unterstützung des Kanzlers eine Rede hielt, in der er für ein „Einfrieren“ des Krieges in der Ukraine und für Waffenstillstandsverhandlungen eintrat,[i] wurde von den Kriegsbefürwortern heftig angegangen. Grünen-Politiker nannten seine Rede einen „Rückfall in die alte Russlandpolitik der Sozialdemokratie“ und eine Ermutigung Putins, „den Krieg noch weiter zu eskalieren“, was dem Ansehen Deutschlands in der Welt schade. Besonders hervor tat sich der ukrainische Ex-Botschafter Andrej Melnyk, der sich während seiner Amtszeit in Deutschland durch beleidigende Verbalattacken einen Namen gemacht hatte. Er beschimpfte Mützenich als „widerlichsten deutschen Politiker“.[ii] Die Kriegskoalition lässt nicht locker.


Konfusion, Chaos und Krieg

Die Militärausgaben für das Jahr 2023 beliefen sich weltweit auf die ungeheure Summe von 2,4 Billionen US-Dollar, wovon etwa 38 Prozent auf die USA entfielen: Der Etat für die größte Streitmacht der Welt betrug insgesamt 916 Milliarden Dollar. An zweiter Stelle stand China mit 296 Milliarden. Demgegenüber gab Russland 109 Milliarden für sein Militär aus, Großbritannien 74,9 Milliarden, Frankreich 61,3 Milliarden und Deutschland 66,8 Milliarden Dollar.[i] Für das Jahr 2024 haben sich die Ausgaben nochmals erhöht (genaue Zahlen lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor).

Wo wir hinschauen, herrschen Konfusion, Chaos und Krieg. Und es ist festzuhalten, dass in fast allen Fällen die USA dafür verantwortlich sind. Sie haben es geschafft, überall in der Welt Krisenherde zu schaffen und Europa zu spalten. Nach misslungenen Versuchen, Regime Changes in Venezuela, Iran, Syrien und Weißrussland herbeizuführen, sind nun Georgien, Moldawien und die Slowakei im Visier. Vorgegangen wird nach der in der Ukraine angewandten Methode: Die Unzufriedenheit von Bürgern und deren EU-Begeisterung werden unter Einsatz von Interventionsaktivisten genutzt, um Unruhe zu schüren und schließlich einen Regierungswechsel herbeizuführen. Gewühlt wird auch in Taiwan, Myanmar, Somalia, im Sudan und bei den Uiguren in China.

In der Ukraine gelang der Regime Change 2014, und seither ist das Land in den Händen der USA, die sich ihrer Handlanger bedienen. Es ist eindeutig: Was in diesem provozierten Krieg geschieht, haben die USA zu verantworten – so wie sie auch seit mehr als hundert Jahren die Entwicklung in Deutschland und Europa bestimmen. Deutschland schuldet der Ukraine und ihrer von Nationalisten und Faschisten geführten Regierung gar nichts. Geflüchtete, die in Deutschland Sonderrechte erhalten, könnten ohne Weiteres in der Westukraine in speziell einzurichtenden Refugien versorgt werden. Die Ukraine ist nach Russland das zweitgrößte Land Europas, und der Westen des Landes ist, abgesehen von der Großstadt Lemberg (Lwiw), von wo ausländische „Militärberater“ agieren, kaum vom Krieg betroffen.

Aber die Berliner Politiker haben die Staatsgrenzen preisgegeben, sie vertreten nicht deutsche Interessen, sondern befolgen die Anweisungen aus Washington auf Kosten der eigenen Bevölkerung. Selenskyj fordert ständig mehr Geld und Waffen, und er hat vorgeschlagen, Deutschland möge das Bürgergeld, das ukrainische Flüchtlinge erhalten, direkt an Kiew überweisen.[ii]

Es zeichnet sich ab, dass Deutschland ruiniert wird. Russland wollte Frieden in Europa, vorrangig mit Deutschland, doch das haben die USA aus eigennützigen Beweggründen verhindert. Zu der von Wladimir Putin 2001 vorgeschlagenen gemeinsamen Wirtschaftszone von Wladiwostok bis Lissabon ist es nicht gekommen, die Aggressionspolitik der USA hat den Kalten Krieg wieder aufleben lassen. Und die Indoktrination der Bevölkerung sowie mancher „naiver“ Politiker, Journalisten und Wissenschaftler hat die Friedensbemühungen vergangener Jahrzehnte zunichte gemacht.


Putin-Bashing, wohin man blickt (Bild-Zeitung vom 18. März 2024)

Seit dem inszenierten Krieg in der Ukraine ist nicht auszuschließen, dass es durch einen provozierten Zwischenfall zu einem großen Krieg kommt. Sollte das geschehen, würde Deutschland endgültig von der Landkarte verschwinden. Denn die Militärbasen der USA befinden sich im Visier der russischen Raketen. Dennoch wird gegen alles Mögliche demonstriert, aber lediglich sehr vereinzelt gegen Aufrüstung, Krieg und die Verbreitung von Völkerhass. Die Gehirnwäsche hat gewirkt, nur wenige nehmen wahr, dass die Bombe bereits über ihnen schwebt.

Dass die deutsche Regierung, aber auch die französische, sich den Intrigen und Ränkespielen und Vorschriften der USA nicht entzogen haben, sondern vielmehr die Sanktions- und Kriegspolitik willfährig mittragen, ist genau genommen Hochverrat. Auch EU-Institutionen unterliegen offensichtlich dem Einfluss der USA.

Kürzlich hat der Internationale Strafgerichtshof (IGStH) in Den Haag Haftbefehl gegen Wladimir Putin „wegen Kriegsverbrechen“ erlassen.[i] Der deutsche Justizminister wie auch der Bundeskanzler haben das begrüßt, obwohl der Strafgerichtshof mit seinem Vorgehen gegen den russischen Präsidenten zum wiederholten Mal seine Befangenheit und Inkompetenz demonstriert. Hat er sich jemals mit den Kriegsverbrechen von Biden, Bush, Cheney, Kissinger oder Blair befasst? Immerhin konnte sich der IStGH trotz Drohungen aus Israel und den USA dazu durchringen, Haftbefehl gegen den Massenmörder Benjamin Netanjahu wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Palästinensern in Gaza zu verhängen.[ii]


Deutschland – verraten und verkauft

Deutschland als europäischer Brückenkopf und Frontstaat der USA gegen Russland wird von Politikern regiert, die deren Aggressionspolitik nahezu uneingeschränkt folgen und dabei die deutschen Interessen verraten. Das hat sich hinsichtlich der finanziellen und militärischen Unterstützung der Ukraine – „so lange wie nötig“[i] – gezeigt, ebenso in der von Netanjahu missbrauchten Solidarität zu Israel bei dem Genozid an den Palästinensern in Gaza.

In beiden Fällen stellt sich die Berliner Regierung nicht nur Russland und China entgegen, sondern auch den Staaten des sogenannten Globalen Südens. Damit schadet sie Deutschlands Ansehen in der Welt, ganz abgesehen von dem finanziellen Aderlass für die eigene Bevölkerung. Deutschland hat als Industriestandort, Exponent für Kultur und Wissenschaft sowie als Garant für den Frieden bis auf Weiteres ausgespielt. Die Regierenden und die Medienvertreter haben den Vasallenstatus inzwischen so weit verinnerlicht, dass für lebenswichtige Belange der eigenen Nation, die nicht mit den Interessen der USA übereinstimmen, kein Raum mehr bleibt.

Gleichzeitig mit dem Niedergang Deutschlands vollzieht sich der Untergang der Sozialdemokratie als ursprünglich einmal stabilisierender Faktor für die arbeitende Bevölkerung.[ii] So lautet der Titel eines Artikels im Economist vom 4. Februar 2024, in dem auf die bedrückende Lage Deutschlands eingegangen wird: „Olaf Scholz sieht sich mit einer wachsenden Vertrauenskrise konfrontiert“.[iii]


Joseph Biden und Olaf Scholz 2022 beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau

Dass die USA Deutschland fest im Griff haben und für ihre geopolitischen Ziele rücksichtlos benutzen, ist seit Langem bekannt, wird jedoch ignoriert. Was hinter den Kulissen abläuft, hat der Direktor des einflussreichen Washingtoner Thinktanks Stratfor, George Friedman, am 4. Februar 2015 in einer Rede am Chicago Council on Global Affairs ausgeplaudert: „Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg, waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil sie vereint die einzige Macht sind, die uns bedrohen kann. Unser Hauptziel war sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.“[i]

Und Friedman konkretisierte: „Für die Vereinigten Staaten ist die Hauptsorge, dass … deutsches Kapital und deutsche Technologie sich mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft zu einer einzigartigen Kombination verbinden, was die USA seit einem Jahrhundert zu verhindern suchen.“ Die von Wladimir Putin 2001 vorgeschlagene wirtschaftliche Kooperation Russlands mit Deutschland wurde demnach gezielt verhindert. Stattdessen haben die USA, so Friedman in seiner Rede, einen „Cordon Sanitaire“ um Russland herum aufgebaut.

Aus diesem „Sicherheitsgürtel“ ist eine massive militärische Einkreisung geworden, die sich durch US/NATO-Militärbasen in Polen, den baltischen Staaten, Rumänien und Bulgarien, den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands, die Stationierung einer deutschen Kampfbrigade von 5000 Soldaten in Estland sowie die Großmanöver der vergangenen Jahre zur akuten Bedrohung entwickelt hat. Das alles verläuft planmäßig, geschieht unter Missachtung des Völkerrechts und wird mit der angeblichen Absicht Russlands, die baltischen Staaten, Polen und womöglich ganz Westeuropa anzugreifen, begründet.

Die USA mit ihren Wirtschafts- und Finanzeliten verfolgen seit mehr als einem Jahrhundert eine Politik, die ausschließlich ihren eigenen wirtschaftlichen und strategischen Interessen dient. Was ihnen bei der Durchsetzung ihrer Pläne hinderlich ist, wird rigoros und gegebenenfalls unter Bruch bestehender Verträge beseitigt. Während Russland seine Besatzungstruppen 1990 aus Deutschland abzog, bauten die USA ihre Stützpunkte weiter aus. In den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien wurde die Bundeswehr einbezogen, und jahrelang versuchte Washington das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 auf kriminelle Weise zu durchkreuzen. Die deutsche Regierung parierte und ließ sich Schikanen und Sanktionsdrohungen gefallen.

Wie es mit dem Pipeline-Projekt weiterging, ist bekannt. Beim Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz im Februar 2022 in Washington erlaubte sich US-Präsident Joseph Biden unter Missachtung der Souveränität Deutschlands ein Ende von Nordstream 2 zu bestimmen, falls Russland die Ukraine angreifen sollte. Scholz schaute wortlos zu, auch als Biden auf die Frage einer Journalistin, wie er das denn anstellen wolle, antwortete: „I promise you, we will be able to do it.“[ii] „Ich verspreche Ihnen, wir werden in der Lage sein, das zu tun.“Zu dieser Zeit, eine Woche vor dem Einmarsch in die Ukraine, bemühte sich Wladimir Putin noch, mit Biden über berechtigte russische Sicherheitsgarantien zu verhandeln, um den Krieg zu vermeiden – vergeblich.

Im September 2022, als viele Menschen für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 demonstrierten, um einer bedrohlichen Notlage zu entgehen, wurde dann die Pipeline zeitgleich mit Nord Stream 1 durch Sprengungen weitgehend unbrauchbar gemacht. Der bekannte amerikanische Investigativjournalist Seymour Hersh ist nach umfangreichen Recherchen zu dem Ergebnis gekommen, dass die USA diesen Angriff auf die deutsche Infrastruktur durchgeführt haben. Die Berliner Regierung, die aller Wahrscheinlichkeit nach Bescheid wusste, schweigt dazu – wieder ein Zeichen für mangelnde Souveränität. Und Hersh wird, wie alle, die etwas sagen, was nicht genehm ist, scharf angegriffen und diffamiert.[iii]


Dissoziale Persönlichkeitsstörungen in der Führungselite

Dass führende Politiker und Journalisten an den Lügen- und Hetzkampagnen gegen Russland teilnehmen, zeugt von der Verkommenheit in der politischen und medialen Szene. Es hat den Anschein, als hätten wir es in vielen Bereichen mit ideologisch verwirrten Fanatikern, Irren und Verbrechern zu tun, deren höchste Instanz von Washington aus die westliche Welt im Zangengriff hält. Dabei sind nicht nur Krieg und Not in der Welt, sondern auch die Problemlösungen. Aber sie werden nicht zur Kenntnis genommen, geschweige denn umgesetzt. Es scheint so, als würde die Menschheit von Psychopathen in den Abgrund getrieben. Und die Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit hält still.

Zu befürchten ist, dass nicht wenige der führenden Persönlichkeiten in Politik, Wirtschaft und Journalismus unter einer psychischen Erkrankung leiden, der „dissozialen Persönlichkeitsstörung“, auch „antisoziale Persönlichkeitsstörung“ (APS) genannt. Kennzeichnend dafür ist insbesondere mangelnde Empathie bzw. eine Gefühlskälte anderen gegenüber und weitgehendes Fehlen von sozialer Verantwortung und Gewissen. Der Begriff wird im medizinischen Diagnoseklassifikationssystem ICD folgendermaßen beschrieben: „Eine Persönlichkeitsstörung, die durch eine Missachtung sozialer Verpflichtungen und herzloses Unbeteiligtsein an Gefühlen für andere gekennzeichnet ist. Zwischen dem Verhalten und den herrschenden sozialen Normen besteht eine erhebliche Diskrepanz. … Es besteht eine geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges Verhalten, eine Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das Verhalten anzubieten …“[i]

Hinzu kommt, dass die US-amerikanische Gesellschaft in weiten Teilen und bis in den Kongress hinein religiös-fundamentalistisch fanatisiert ist. Bis in die Gegenwart ist hier die Wahlverwandtschaft zwischen Puritanismus und Kapitalismus, eine „ökonomischen Prädestinationslehre“ – wen Gott liebt, den lässt er reich werden –, tief verwurzelt. Darüber hinaus sind viele Hardliner offensichtlich der Ansicht, dass alles, was den USA nützt, letztlich der ganzen Welt zugutekommt, woraus sich ihr Anspruch auf globale Vorherrschaft ergibt.

Diese Politik wurde von Präsident Barack Obama unter Missachtung der Regeln des internationalen Rechts weltweit rigoros fortgeführt. In einer Rede vor der US-Militärakademie Westpoint am 28. Mai 2014 sagte er unter anderem: „Von Europa bis Asien sind wir der Dreh- und Angelpunkt aller Allianzen, unübertroffen in der Geschichte der Nationen … So sind und bleiben die Vereinigten Staaten die einzige unverzichtbare Nation. Dies ist für das vergangene Jahrhundert wahr gewesen, und das wird für das nächste Jahrhundert gelten.“[ii] Unter diesem Aspekt war Obama offensichtlich kein „Gefangener des Imperiums“, wie der Soziologe Norman Birnbaum meinte, denn im Kern stimmt seine Aussage mit der von George Friedman überein. Und Friedman hat unverblümt nur das ausgesprochen, was seit jeher die Politik der US-Regierung bestimmt.

Besonders aufschlussreich sind die Äußerungen von Joseph Biden, damals US-Vizepräsident, vom 2. Oktober 2014 zu den Wirtschaftssanktionen gegen Russland. An der Harvard Kennedy School in Cambridge/Massachusetts renommierte er: „Wir haben Putin vor die einfache Wahl gestellt: Respektieren Sie die Souveränität der Ukraine, oder Sie werden sich zunehmenden Konsequenzen gegenübersehen. Dadurch waren wir in der Lage, die größten entwickelten Staaten der Welt dazu zu bringen, Russland echte Kosten aufzuerlegen. Es ist wahr, dass sie [die EU] das nicht tun wollten. Aber wiederum war es die Führungsrolle Amerikas und die Tatsache, dass der Präsident der Vereinigten Staaten darauf bestanden hat, ja Europa des Öfteren in Verlegenheit bringen musste, um es dazu zu zwingen, sich aufzuraffen und wirtschaftliche Nachteile einzustecken, um Kosten [für Russland] verursachen zu können. Und die Folgen waren eine massive Kapitalflucht aus Russland, ein regelrechtes Einfrieren von ausländischen Direktinvestitionen, der Rubel auf einem historischen Tiefststand gegenüber dem Dollar und die russische Wirtschaft an der Kippe zu einer Rezession.“[iii]

Die USA wollen mit aller Macht ihren durch nichts begründeten Anspruch auf globale Herrschaft durchsetzen, selbst wenn es dabei zum großen Krieg kommt. Diese Hybris geht von den Neokonservativen in Washington, den dortigen Finanz- und Wirtschafseliten sowie der Rüstungsindustrie und ihrer Gallionsfigur Joseph Biden aus, der fast alle Konflikte und Kriege der letzten Jahrzehnte mit zu verantworten hat. Er wirkt zwar senil, aber er ist immer noch in der Lage, Deutschland zur bedingungslosen Unterstützung der Ukraine zu verpflichten, zur Teilnahme an einem Abnutzungskrieg, von dem die USA wirtschaftlich außerordentlich profitieren.

Diesseits des Atlantiks wird Deutschland als Speerspitze gegen Russland eingesetzt, jenseits des Pazifiks stehen Japan und Südkorea als Vorhut gegen China. Das ist seit Längerem geplant: Die USA wollen ihre Kriege mit fremden Soldaten auf fremdem Territorium führen. Dabei beschreiten Vasallen wie Deutschland einen höchst problematischen Weg. Was geschieht, wenn die USA die Konfrontation mit China auf die Spitze treiben? Werden deutsche Soldaten dann unter Berufung auf einen NATO-Bündnisfall in einem Krieg mit China eingesetzt? Und welche Folgen hat es, dass sich die geopolitische Tektonik durch die aggressive Politik der USA und die Reaktionen Russlands und Chinas insgesamt verändert?

Wenn sich die deutsche Regierung weiter derart unreflektiert auf Washington einlässt und die USA abstürzen – was ja nicht völlig auszuschließen ist –, dann wird Deutschland mit untergehen. Auch das scheint der Berliner Politikerkaste nicht klar zu sein. Kaum im Amt, werden nicht wenige Politiker größenwahnsinnig.


Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am 26. April 2024 in Paris. Haltung und Mimik sprechen für sich

Wie es um das Selbstverständnis der US-amerikanischen Regierung bestellt ist, demonstrierte Präsident Joseph Biden am 6. Juli 2024 in einem Interview mit dem US-Sender ABC, als er nach einem desaströsen Wahlkampfduell mit Donald Trump nach seiner körperlichen und mentalen Verfassung gefragt wurde. Vor laufender Kamera erklärte er: „Ich absolviere jeden Tag einen kognitiven Test. Wissen Sie, ich mache nicht nur Wahlkampf, ich regiere die Welt. Das klingt wie eine Übertreibung, aber wir sind die wichtigste Nation der Welt.“ [i]Diese Aussage wurde von den westlichen Politikern und Journalisten nahezu kritiklos hingenommen, was wiederum Rückschlüsse auf die mentale Verfassung dieser Akteure zulässt. Eingegangen wurde hauptsächlich auf die Frage, ob Biden noch die Fähigkeit für eine zweite Amtszeit habe. Die Kontroverse darum beendete er am 24. Juli 2024 durch seinen Verzicht auf die Kandidatur.[ii]

Designierte Präsidentschaftskandidatin der Demokraten wurde Vizepräsidentin Kamala Harris, die bis dahin ein Schattendasein führte. Unsinnigerweise positionierte sich Bundeskanzler Olaf Scholz sofort wieder gegen Trump, indem er bekanntgab: „Ich halte es für sehr gut möglich, dass Kamala Harris die Wahl gewinnt.“[iii] Damit beging Scholz den gleichen unverzeihlichen Fehler, den bereits Angela Merkel und andere führende deutsche Politiker 2016 vor den damaligen Präsidentschaftswahlen begingen, die Trump für sich entscheiden konnte. Aber Nachhilfe in Diplomatie würde bei der ideologischen Ausrichtung der Berliner Politiker wohl kaum helfen.


Die UN-Charta – nur noch eine geschichtliche Erinnerung

Artikel 1 der Charta der Vereinten Nationen lautet: „Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele: 1. Den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen; 2. Freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen …“

Von diesen großartigen Absichtserklärungen und Verpflichtungen ist ebenso wenig übrig geblieben wie von den Vereinbarungen des Nordatlantikvertrages, weshalb die Forderung, Deutschland möge aus der NATO austreten, überaus berechtigt ist. Auch mehren sich in Deutschland die Stimmen, die eine von den USA unabhängige Politik fordern, nachdem deutlich geworden ist, dass die USA eine Langzeitstrategie verfolgen, die nicht den deutschen, aber auch nicht den europäischen Interessen dient.

Was den Europäern als „Partner“ der Vereinigten Staaten aufgebürdet wird, ist einem Interview zu entnehmen, in dem 2007 der Vier-Sterne-General Wesley Clark, zeitweise Oberbefehlshaber der NATO, rückblickend sagte, dass seinerzeit schon die Bush-Administration den Krieg gegen sieben Länder geplant habe. Das waren außer Afghanistan der Irak, Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und letztlich noch der Iran.[i] Es gab also schon unmittelbar nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 einen Plan für Regierungswechsel und Kriege im Nahen Osten und in Afrika. Hinzu kamen Einflussnahmen auf südamerikanische und osteuropäische Länder.

Das ist bis heute die Strategie der USA, die dadurch permanent in Konflikte mit Russland und China geraten. Anstatt die NATO 1991, wie beim Warschauer Pakt geschehen, ebenfalls aufzulösen, und zwar zugunsten eines gesamteuropäischen Sicherheitsbündnisses einschließlich Russlands, wurde das transatlantische Militärbündnis immer mehr zu einem Aggressionsinstrument entwickelt. Die aktuellen Konflikte und Kriege sind nicht durch Zufall entstanden, sie sind von gewissenlosen Psychopathen – anders kann man sie wohl nicht nennen – in Politik, Wirtschaft und Militär geplant worden.[ii] Neben Kriegshandlungen sind ökonomische Sanktionen zu einer Waffe für die Durchsetzung der globalen Vorherrschaft geworden.

Dass die Zivilbevölkerung bewusst in Mitleidenschaft gezogen wird, dokumentiert in erschreckender Weise eine Äußerung der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright, eine „Freundin“ von Ex-Außenminister und Grünen-Politiker Joseph (Joschka) Fischer. In einer Fernsehshow antwortete sie am 8. Dezember 2014 auf die Vorhaltung der Moderatorin, wegen der Sanktionen gegen den Irak sei eine halbe Million Kinder gestorben, mehr als in Hiroshima nach dem Abwurf der Atombombe: „Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung, aber wir glauben, es ist den Preis wert.“[iii] Den Preis bezahlt bis heute die Bevölkerung der von den US-Interventionen betroffenen Länder. Vor allem im Irak und im früheren Jugoslawien leiden die Menschen bis heute an Krebserkrankungen aufgrund des Einsatzes nuklear angereicherter Munition, die von den USA und Großbritannien auch an die Ukraine geliefert wurde.[iv] Ob sie zum Einsatz gekommen ist oder zuvor bei einem russischen Angriff zerstört wurde, ist noch ungeklärt und wird sich zeigen.


Das Völkerrecht außer Kraft

Der erste gravierende, folgenschwere Verstoß gegen das Völkerrecht in der jüngsten Geschichte war der Krieg der NATO-Verbündeten einschließlich Deutschlands gegen Jugoslawien im Jahr 1999. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, der damals mit seinem Außenminister Joseph Fischer den Einsatz deutschen Militärs befürwortete, gab in einer Matinee der Wochenzeitung Die Zeit zu, rechtswidrig gehandelt zu haben, offenbar auf Druck aus Washington: Es sei formal „ein Verstoß gegen das Völkerrecht gewesen“.[i] Allerdings hatte das keine Konsequenzen.

Dass sich die Vereinigten Staaten und die NATO an die Grundsätze der Vereinten Nationen und des Völkerrechts halten würden, ist x-mal widerlegt worden. Barack Obama hat während seiner Regierungszeit sieben Kriege geführt und den Drohnenmord legitimiert; Donald Trump sanktionierte – offensichtlich getrieben von ihm aufgezwungenen „Beratern“ und entgegen seinen anfänglichen Versprechungen, von der Interventionspolitik abzurücken und Frieden zu halten – in drastischer Weise Länder wie den Iran, Venezuela, Nordkorea und Russland. Die weitaus große Mehrheit der westlichen Bevölkerung nahm das alles widerspruchslos hin. Die seit mehreren Jahren erfolgte Indoktrinierung hat gewirkt.

Es hat den Anschein, als wären viele Menschen in Deutschland durch den von der Regierung ausgeübten Corona-Terror geradezu paralysiert. Und nach der geschürten Angst vor einer Corona-Infektion kam die Angst vor dem Krieg. Bekanntlich kann Angsterzeugung ein Mittel zur Reglementierung der Bevölkerung sein, die sich in Ausnahmesituationen selbst einer drastischen Beschneidung der Bürgerrechte unterwirft. Öffentlich geworden ist ein – offenbar geleaktes – Strategiepapier des Bundesinnenministeriums vom März 2020, in dem die Rede von einer „umfassenden Mobilisierungskampagne“ ist, die von der Bundesregierung zur Durchsetzung der Corona-Zwangsmaßnahmen zu starten sei.[ii] Etwas Ähnliches scheint nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine unternommen worden zu sein, um in der Bevölkerung eine aggressive Stimmung gegen Russland und die Zustimmung für die Beteiligung Deutschlands am Krieg in der Ukraine herbeizuführen. Anders lässt sich dieser Wahnsinn wohl nicht erklären.

Zum Thema „Herrschaft durch Angst“ weist der Psychologe und Kognitionsforscher Rainer Mausfeld in seinem Buch „Angst und Macht – Herrschaftstechniken der Angsterzeugung in kapitalistischen Demokratien“ auf die Psychotechnik der „propagandistischen Erzeugung von vorgeblichen Bedrohungen“ hin.[iii] An anderer Stelle schreibt er: „Die auf diese Weise erzeugte Unsicherheit lässt sich dann wiederum zur Angsterzeugung für Machtzwecke nutzbar machen. Ein Kreislauf der Erzeugung von Verwirrung und Angst, dem nur schwer zu entkommen ist. Die gesellschaftlichen Begleiterscheinungen der dadurch ausgelösten starken irrationalen Affekte und der dadurch erzeugten sozialen Spaltungen zeigen sich immer deutlicher. Und werden sicherlich weitere Vorwände für eine Verstärkung autoritärer und repressiver Maßnahmen liefern.“[iv] Nicht umsonst wird Mausfeld, ein exzellenter Analyst des Versagens der repräsentativen Demokratie und der Medien, weitgehend ignoriert.

Der Psychologe und Psychoanalytiker Klaus-Jürgen Bruder äußerte sich zur Unterwerfung der Bevölkerung durch Angsterzeugung wie folgt: „Eine arglose, nichts ahnende Bevölkerung wird ohne jede Vorbereitung ‚über Nacht‘ dazu gebracht, alles zu vergessen, was ihr bisher wichtig gewesen war: alle Ziele, alle Bewegungen, alle Geschäfte, alle Kontakte – sozusagen wie durch einen ‚Blitzkrieg‘, an dessen Morgen sie sich die Augen reiben. So schnell war die ‚Schwarze Null‘ noch nicht vergessen, wie im atemberaubenden Auflegen der Finanz-Rettungspakete das Etappenziel gesichert worden war und Unterwerfung nur noch als Übersprungshandlung offen stand: als das Annehmen neuer Regeln des (Nicht-)Kontakts, den anderen nicht zu nahe an sich heranzulassen, ja ihn zurückzuweisen, wenn er mir zu nahe kommt, überhaupt misstrauisch gegen jeden, die bisherigen Regeln lauthals zu sanktionieren …“

Bruder fährt fort: Es ist ja auch bedrohlich: zu erfahren, zu hören, dass eine ungeheure Epidemie, die bereits in China, Wuhan, viele Opfer gefordert hat, nun auch uns in Europa erreicht. Und verstehbar ist ebenso, dankbar die vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen anzunehmen und darauf zu achten, dass auch die anderen diese befolgen.“ Aber verblüffend sei, „dass dies alles so ohne jede Frage geschieht, dass vereinzelter Widerspruch sofort aggressive Abwehr hervorruft, wie wir sie schon lange nicht mehr erlebt haben, wie wir sie eigentlich nur aus Zeiten kennen, in denen Kritik an den Handlungen des Staates zur Denunziation des Feindes geführt hatte.“ Zugutehält Bruder den „Unterworfenen“, dass sie nicht die Anweisung aus dem Bundesinnenministerium kannten, „in der die Bearbeitung der Bevölkerung durch massive und geschlossene Angstkampagnen vorgeschlagen worden war – denn diese kursierte nur als Verschlusssache für den Dienstgebrauch“.[v]


Die Folgen der Aggressionspolitik

Abgesehen von der akuten atomaren Bedrohung sind die Folgen der von den USA provozierten Konflikte gravierend. Russland hat schon länger damit begonnen, sich vom Westen abzukoppeln, neue Wege mit neuen Partnern zu gehen und sich gegen die Aggressionspolitik der USA zur Wehr zu setzen. Damit ist Russland nicht allein. Mehr als die Hälfte der Menschheit will sich die Zumutungen und die Unterdrückung durch die USA nicht mehr gefallen lassen. Der Übergang von einer monopolaren zu einer multilateralen Weltordnung hat schon lange begonnen.

Neben Russland gehen große Länder wie China, Indien, Brasilien und Südafrika eigene Wege; ihre Regierungen haben sich zum Beispiel gegen eine Unterstützung der Ukraine ausgesprochen. China ist dabei, die USA wirtschaftlich zu überholen und hat sich zu einer militärischen Großmacht entwickelt, das heißt zu einer systemischen Herausforderung für die westlichen Alliierten. Nachdem der von den USA initiierte Ukraine-Krieg inzwischen die Welt spaltet und sich anscheinend als Rohrkrepierer erweist, ist mit dem Taiwan-Konflikt eine neue existenzielle Bedrohung entstanden. Denn China tritt selbstbewusst auf und scheint eine militärische Auseinandersetzung mit den immer aggressiver vorgehenden USA notfalls in Kauf zu nehmen.

Dass sich nun die Nordatlantische Allianz im Westpazifik engagieren will, verstößt eindeutig gegen ihre eigenen Statuten. In der Präambel heißt es: „Die Parteien dieses Vertrags bekräftigen erneut ihren Glauben an die Ziele und Grundsätze der Satzung der Vereinten Nationen und ihren Wunsch, mit allen Völkern und Regierungen in Frieden zu leben … Sie sind bestrebt, die innere Festigkeit und das Wohlergehen im nordatlantischen Gebiet zu fördern.“

Der Pakt bezieht sich also eindeutig auf das nordatlantische Gebiet. Und in Artikel 1 verpflichten sich die Parteien, „in Übereinstimmung mit der Satzung der Vereinten Nationen, jeden internationalen Streitfall, an dem sie beteiligt sind, auf friedlichem Wege so zu regeln, dass der internationale Friede, die Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden, und sich in ihren internationalen Beziehungen jeder Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung zu enthalten, die mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar sind.“

Aber die vertragswidrige Ausweitung des Bündnisses und seine Transformation in ein Aggressionsinstrument unter Führung der USA werden nicht thematisiert, sodass die europäischen Mitgliedsstaaten immer mehr in die Bredouille geraten. Das gilt auch hinsichtlich der Nibelungentreue der Europäischen Union zur USA, die der französische Präsident Emmanuel Macron kritisch angesprochen hat. Er plädierte für eine unabhängigere Politik Europas gegenüber den USA, aber auch gegenüber China. Wollen die europäischen Staaten nicht der Bedeutungslosigkeit verfallen, wird das der einzig gangbare Weg sein.

Zu registrieren ist, dass die BRICS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit immer mehr Zulauf erhalten. Zum 1. Januar 2024 kamen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, der Iran, Ägypten und Äthiopien dazu. Weitere Länder haben einen formalen Antrag gestellt. Argentinien stand vor der Aufnahme, aber der 2023 neu gewählte Präsident Javier Milei, der sich selbst als „Anarchokapitalist“ bezeichnet, erteilte eine Absage.

Die USA versuchen mit allen Mitteln, den Einfluss der BRICS-Organisation zu verhindern, und sie haben allen Grund dazu. Denn gearbeitet wird an einem anderen als dem westlichen, von den USA dominierten Wirtschafts- und Finanzsystem. Unter anderem ist die Herrschaft des Dollars als Weltleitwährung infrage gestellt, was allerdings weitere, hoch gefährliche Auseinandersetzungen nach sich zieht, denn die USA werden sich nicht ohne Gegenwehr in den Bankrott treiben lassen. Dass sie über die weltweit größte Militärmacht verfügen, ist bei allem zu berücksichtigen, was künftig in den Bemühungen um eine friedlichere Welt unternommen wird.

Aktuell stehen sich zwei Atommächte in einem Stellvertreterkrieg gegenüber, der sich jede Minute ausweiten kann. Damit uns das erspart bleibt, müssen wir alles tun, was in unseren Kräften steht. Zu seinem Theaterstück „Die Physiker“, das in einer psychiatrischen Klinik spielt, schreibt der Dramatiker Friedrich Dürrenmatt: „Der Inhalt der Physik geht die Physiker an, die Auswirkungen alle Menschen. Was alle angeht, können nur alle lösen.“[i]


Großmachtsymbolik: Weltweit sind 21 Flugzeugträger im Einsatz, 11 davon gehören zur US-Navy (im Bild: US-Flugzeugträger George Washington)

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. „Die Eroberung Europas durch die USA“, „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“, „Deutschland – verraten und verkauft“ und „Ausnahmezustand – Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts“, 2014-2023. Der vorstehende Beitrag ist ein Auszug aus dem soeben erschienene Buch„ “Niemand soll hungern, ohne zu frieren“, Verlag zeitgeist, 2024.

Quellen und Anmerkungen

[1] www.youtube.com/watch?v=kgsVFZXnkAE (15.3.2024)

[1] Zit. wie www.tagesschau.de/inland/lehrerverband-zivilschutz-100.htm; vgl. auch www.zeit.de/gesellschaft/2024-03/bildungspolitik-lehrerverband-katastrophenschutz-schulen-stark-watzinger

[1] Zit. wie ebd.

[1] NachDenkSeiten, 8.4.2019, www.nachdenkseiten.de/?p=50777

[1] Vgl. Wolfgang Bittner: Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise. Höhr-Grenzhausen 2019, S. 51-65

[1] Vgl. www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/taurus-ukraine-bundestag-100.html sowie www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=906

[1] www.ardmediathek.de/video/mdr-aktuell-19-30-uhr/kanzler-scholz-steht-im-bundestag-rede-und-antwort/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy83YzEzMjZmOS0xZjE5LTRiYzktYWZmNy1jNWNiOGUwODM4Y2Y (15.3.2024)

[1] Rede vom 14.3.2024, www.youtube.com/watch?v=FA4VxfzjdVs (15.3.2024)

[1] www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/muetzenich-reax-aeusserungen-ukraine-krieg-100.html

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/

[1] Vgl. www.dw.com/de/selenskyj-will-deutsche-sozialleistungen-für-ukrainer-in-kiew-verwalten/a-68184738

[1] Vgl. www.tagesschau.de/ausland/europa/putin-haftbefehl-internationaler-strafgerichtshof-101.html

[1] Siehe: www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/nahost-konflikt-antrag-haftbefehl-internationaler-strafgerichtshof-netanjahu-hamas-100.html

[1] www.tagesspiegel.de/politik/verteidigung-gegen-russland-scholz-will-die-ukraine-so-lange-wie-notig-unterstutzen-11264746.html

[1] Im April 2024 lag die Prognose für die SPD nur noch bei 15,4 Prozent: https://dawum.de/Bundestag/

[1] Siehe: www.economist.com/europe/2024/02/04/a-mounting-crisis-of-confidence-confronts-olaf-scholz

[1] Zit. wie www.youtube.com/watch?v=vln_ApfoFgw (15.4.2024)

[1] Vgl. www.youtube.com/watch?v=jwnoKjgcHmA, ab 1:43 (15.4.2024)

[1] Vgl. www.jungewelt.de/artikel/460055.anschlag-auf-nord-stream-ein-jahr-lügen-über-nord-stream.html

[1] Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): Psychische und Verhaltensstörungen; www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2011/block-f60-f69.htm (25.4.2016)

[1] Barack Obama: Remarks by the President at the United States Military Academy Commencement Ceremony; www.whitehouse.gov/the-press-office/2014/05/28/remarks-president-united-states-military-academy-commencement-ceremony (12.4.2024)

[1] Joe Biden, Zeitdokument: Wir zwangen die EU zu Sanktionen gegen Russland; www.youtube.com/watch?v=JLO7uKVarB8 (12.4.2024)

[1] www.n-tv.de/politik/Widerstand-bei-Demokraten-gegen-Kandidatur-formiert-sich-US-Praesident-Biden-ballt-die-Faust-und-gibt-skurriles-Interview-article25067731.html

[1] Vgl. www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/biden-rede-nation-kandidatur-usa-wahl-demokraten-100.html

[1] Vgl. www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundesregierung-harris-trump-100.html

[1] Vgl. Amy Goodman: Syriens Wahrheit, 6.3.2012; www.youtube.com/watch?v=kkE8Gp-nWEs (14.4.2024)

[1] Vgl. Daniele Ganser: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien. Zürich 2016

[1] Zit. wie www.youtube.com/watch?v=uJtSpev8zWk (14.4.2024)

[1] www.youtube.com/watch?v=vLhtcWPTkw4 (11.5.2024) sowie: https://de.wikipedia.org/wiki/Uranmunition

[1] Zit. wie Die Zeit, 9.3.2014; http://gerhard-schroeder.de/2014/03/09/matinee-der-wochenzeitung-zeit/

[1] Vgl. https://fragdenstaat.de/dokumente/4123-wie-wir-covid-19-unter-kontrolle-bekommen/

[1] Frankfurt/Main 2019. Vgl. auch Rainer Mausfeld: Das Schweigen der Lämmer. Frankfurt am Main 2018

[1] Daniela Dahn und Rainer Mausfeld: TamTam und Tabu. Frankfurt am Main 2020, S. 201 f.

[1] www.rubikon.news/artikel/das-gehorsamkeits-experiment

[1] Friedrich Dürrenmatt: Die Physiker. Anmerkungen des Autors im Anhang: 21 Punkte zu den Physikern, Punkte 16-18. Werkausgabe. Zürich 1988

Die Teilung der Welt und der Gesellschaft in Gut und Böse

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