Deutschland, Deine Stunde Null?
Die politische Klasse eines jeden Landes wird ständig vor Aufgaben gestellt, zu deren Lösung sie im Interesse des Landes in ihre Ämter berufen wurde. Das ist ihr Job. Das politische Deutschland entscheidet seit langer Zeit gegen die Interessen des eigenen Volkes und nimmt seine Grundverantwortungen nicht wahr. Analyse
René Zittlau
Einleitung
Der Begriff „Stunde Null“ beschreibt die Situation in Deutschland unmittelbar nach dem Kriegsende 1945. Nicht nur das Land ist zerstört, auch die Menschen sind es. Indoktriniert von einer Ideologie, die über die Spanne einer halben Generation die Hirne vergiftete, suchen die Menschen nach einem Neubeginn, in Ost und West. Es soll alles anders werden, besser und vor allem ohne Krieg.
Steht das Land erneut vor einem brutalen Neustart?
Deutschland im Jahre 2024. Staat, Politik und Gesellschaft befinden sich in einer Phase, die an dystopische Endzeitphantasien à la Hollywood erinnern, die seit Jahren die Kinos fluten und Lösungen nur in Form von Gewalt, Stärke und Rücksichtslosigkeit anbieten. Der große Unterschied – das Heute ist kein Film, es ist unsere Realität.
Die Parallelen zur angeblich längst verarbeiteten Geschichte des Landes sind frappant. Wie mehrfach im 20. Jahrhundert findet die Politik nicht nur keine Antworten auf die anstehenden und in ihrem Ausmaß kaum noch zu überblickenden Probleme. So wie „damals“ ist die Regierung auch dieses Mal ursächlich für deren Entstehung verantwortlich. Mehr noch, die Regierenden taten wenig bis nichts, um die Gesellschaft vor diesen voraussehbaren und von vielen vorausgesagten Problemen zu schützen. Und sie tun nach wie vor nichts, das Land und die Gesellschaft aus der Sackgasse herauszuholen, in die sie beide geführt haben.
Es ist erschreckend und bitter zu erleben, wie tunnelblickartig amerikanischen Interessen jeder nur mögliche Vorrang eingeräumt wird.
Und es ist noch erschreckender und noch bitterer zu erleben, wie beispiellos ungetrübt von Wissen zu grundlegenden geschichtlichen Fakten, ungetrübt von ökonomischem Basiswissen, ungetrübt von Fragen diplomatischen und selbst menschlichen Anstandes und völlig bar jedweder Verantwortung für deutsche nationale Interessen Regierungen und Parlamente das Land in eine Lage brachten und weiterhin bringen, deren friedliche, zivile Lösungshorizonte täglich kleiner werden.
Deutschland nähert sich in erschreckender Geschwindigkeit erneut (s)einer Stunde Null, die brutalen geschichtlichen Gewissheiten erneut zum Durchbruch verhelfen würden.
Es ist allerhöchste Zeit, sich das Ausmaß des politischen Vabanque-Spiels zu vergegenwärtigen, das inzwischen alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens einschließt.
Das Vorhalten staatlich organisierter Infrastruktur – ein wesentlicher Teil des Prinzips Sozialstaat
Die Bundesrepublik Deutschland definiert sich in Artikel 28 des Grundgesetzes als „sozialer Rechtsstaat“. Im Resultat des ersten kalten Krieges wurde gerade hinsichtlich der staatlichen sozialen Vorsorge die Messlatte sehr hoch gelegt, was die Menschen glauben ließ, auf das einmal erreichte Niveau einen wie auch immer gearteten Anspruch zu haben. Allerdings wurde das Soziale im Gegensatz zum Terminus Rechtsstaat zumindest im Grundgesetz nicht näher erklärt.
So steht es dem Gesetzgeber frei zu definieren, was sozial ist oder sein soll, auch wenn zahlreiche Abhandlungen versuchten, diese Lücke zu schließen, so hier:
„Zur staatlichen Daseinsvorsorge zählen bekanntlich Wasser- und Energieversorgung, Abwasserbeseitigung und Müllentsorgung, öffentlicher Personenverkehr und Bildung, aber auch die Gesundheits- und Krankenversorgung und die Vorhaltung einer entsprechenden Infrastruktur.“
(Dahme/Wohlfahrt 2011; Klenk/Reiter 2012).
Wer sich heute mit wachem Blick durch den öffentlichen Raum bewegt, findet allerorten Anlass zur Sorge. Die Qualität der Infrastruktur als für alle sichtbares Aushängeschild staatlicher Verwaltung und wesentlicher Teil staatlicher Daseinsvorsorge befindet sich qualitativ im freien Fall.
Die Verkehrsinfrastruktur Deutschlands war einmal ein Aushängeschild
Die Grundsanierungen von Verkehrswegen sind inzwischen die Ausnahme. Seit Jahren die Regel stellt hingegen das Ausbessern der schlimmsten Schäden dar. Über die Zeit kommt so auf den meistgenutzten Straßen ein übler Flickenteppich zusammen.
Wer auf den Zug wartet, muss oft froh sein, wenn er wenigstens mit Verspätung abfährt. Denn nicht selten, und ebenso nicht selten ohne vorherige Avisierung, fallen Züge komplett und ersatzlos aus. Wenn man wichtige Termine einhalten muss, wird die Benutzung der Deutschen Bahn zum Karriererisiko. So verfügt das Management der Deutschen Bahn denn auch über 3.500 Dienstwagen, denn man will ja pünktlich sein.
Auch hier ist die Realität das logische Ergebnis einer seit Jahren währenden „Entwicklung“. RBB, der öffentlich-rechtliche Rundfunk für Berlin und Brandenburg schrieb am 12.07.2023:
„Die Deutsche Bahn ist in einem schlechten Zustand – das leugnet sie nicht einmal mehr selber. Die Probleme von heute sind Ergebnis einer verfehlten Verkehrspolitik.“
Im Weiteren fasst der Artikel die Probleme der Bahn in 10 Themenkomplexen zusammen. Von diesen sind acht auf Entscheidungen des Managements zurückzuführen:
- veraltete Infrastruktur, überlastetes Netz, große Lücken in der Fläche, Bauarbeiten und Baustellen, die Unternehmensstruktur, mangelnde und umstrittene Investitionen, Personalengpässe, Signalstörungen und Technikprobleme.
Die beiden anderen: Wetterbedingte Störungen und Arbeitskampf.
Diese Aufstellung erinnert an einen alten DDR-Witz: Wer sind die 5 Feinde des Sozialismus? Frühling, Sommer, Herbst und Winter… und das Wetter.
Der staatlich kontrollierte Konzern Deutsche Bahn selbst fasst das Jahr 2023 in der Bilanzpressekonferenz so zusammen:
„Der Deutsche Bahn-Konzern (DB) schreibt wieder schwarze Zahlen. Trotz Belastungen des Bahngeschäfts durch Pandemie-Folgen, Ukraine-Krieg und stark gestiegene Inflation hat der DB-Konzern das Geschäftsjahr 2022 mit einem deutlichen operativen Gewinn abgeschlossen. Das operative Ergebnis (EBIT bereinigt) verbesserte sich im Vergleich zum Corona-Jahr 2021 um rund 2,8 Milliarden Euro auf knapp 1,3 Milliarden Euro. Der Konzernumsatz (bereinigt) wuchs 2022 gegenüber dem Vorjahr um 19,1 Prozent auf rund 56,3 Milliarden Euro – eine neue Höchstmarke. In den Jahren 2020 und 2021 hatte die DB pandemiebedingt noch Verluste in Milliardenhöhe gemacht.“
Ein Fahrgast eines erneut ausgefallenen Zuges ist geneigt zu fragen, in welchem Paralleluniversum die Autoren derartiger Berichte leben. Dass das Problem Deutsche Bahn systemisch ist, zeigt das Interview, das der Chef der Lokführergewerkschaft, Claus Weselsky, vor wenigen Tagen dem Schweizer „Blick“ gab. Der Leser findet darin unter anderem diesen Dialog:
Blick: „Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd im Spass gefragt, ob die Schweiz nicht die Deutsche Bahn übernehmen wolle. Wäre das eine Lösung?
Wenn die Schweiz die Machtinstrumente bekäme, um das wild gewordene Management der Deutschen Bahn rauszuwerfen oder zu bändigen, wäre das ein kluger Ansatz. Allerdings ist das doch ein Offenbarungseid! Der Bundeskanzler ist mit seiner Regierung unfähig, dem Bahnmanagement die Grenzen aufzuzeigen.“
Auch die gerade zu Ende gegangene Fußball-Europameisterschaft zeigte der Welt in aller Offenheit, wie heruntergewirtschaftet das System Deutsche Bahn inzwischen ist. Der Vergleich zum Gestern fällt um so krasser aus, als es in Deutschland mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 einen direkten 1:1-Vergleich gibt.
Gesundheitswesen – ein neues Angebot erinnert an die Flickschusterei im Straßenbau
Jeder gesetzlich Versicherte in Deutschland kennt das Problem: der Hausarzt schreibt eine Überweisung zu einem Spezialisten, z.B. zum Dermatologen oder Augenarzt. Die darauf folgende Suche nach dem Facharzt bleibt meist erfolglos. Der Patient findet keinen Spezialisten, nicht in diesem Quartal (dem Gültigkeitszeitraum einer Überweisung), nicht im nächsten. Der Autor dieser Zeilen suchte auf diesem Weg einen Termin bei einem Dermatologen. Beginn der Suche war im Mai 2024. Die freundliche Schwester des einen meinte: Kommen Sie gleich Anfang des nächsten Jahres, dann kann ich vielleicht helfen. Bei allen anderen gab es nicht einmal diese vage Hoffnung.
Von einem der staatlichen Daseinsvorsorge entsprechenden, stabil funktionierenden Gesundheitssystem kann man in Deutschland seit langem nicht mehr sprechen. Die Probleme sind seit Jahren bekannt, die Ursachen ebenso. Die Gesundheitsminister kommen und gehen, doch die Probleme bleiben nicht nur, sie werden von Jahr zu Jahr größer.
Gesundheitskioske sind nun die neueste Innovationsrakete des Bundesministeriums für Gesundheit. Schlagworte wie „niedrigschwellige Beratung“, „allgemeine Beratungs- und Unterstützungsleistungen“, „Koordinierung“, „Bildung eines sektorenübergreifenden Netzwerkes“ wecken nicht einmal Hoffnungen auf die Lösung auch nur eines der grundsätzlichen, systemischen Probleme. Für die Leitung dieser neu geplanten Einrichtungen – geplant ist pro 80.000 Einwohner ein „Kiosk – sind „examinierte Pflegekräfte“, „perspektivisch Pflegekräfte, Krankenpfleger, Altenpfleger“ vorgesehen.
Selbst die Ärztezeitung, eine eher den Interessen des Ärzte-Standes als einer umfassenden und tatsächlich der Gesundheit dienenden Politik zugeneigte Publikation, warnt vor dieser Lauterbach-Idee, die das Niveau der Patientenbetreuung auf ein neues Allzeit-Tief absenken dürfte.
Das deutsche Rentensystem – keine Spur von gezielter staatlicher Armutsvorsorge
Das Rentensystem in seiner Kleinteiligkeit – praktisch jede besserverdienende Berufsgruppe hat in Deutschland ihre eigene Rentenkasse, womit das Solidarprinzip ad absurdum geführt wird – darf in dieser Aufzählung nicht fehlen. Eine derart unsolidarische Rentenpolitik wie hierzulande, wird so in keinem der deutschen Nachbarländer praktiziert, nicht in den osteuropäischen Nachbarländern Tschechien oder Slowakei und schon gar nicht in Österreich. Österreich hatte ein ähnliches System wie Deutschland, sah die Probleme jedoch kommen und zog die Reißleine. Der direkte Vergleich mit dem südlichen Nachbarn treibt dem gesetzlich Rentenversicherten in Deutschland die Tränen in die Augen.
In Österreich werden etwas höhere Rentenbeiträge als in Deutschland gezahlt, jedoch durch alle Beschäftigten, auch durch Beamte und auch durch Selbständige. Alle zahlen in ein System. Das Ergebnis dieses vernünftigen Herangehens ist beeindruckend. Während in Deutschland die Durchschnittsrente ca. 1500 € beträgt, liegt sie in der Alpenrepublik um ca. 800 € höher. Dieses Rentenniveau erreichen die Österreicher bei vergleichbarem Einkommen und einem Renteneintrittsalter von 65 Jahren. Die Österreicher gehen also zwei Jahre früher in Rente und die Bezüge sind noch dazu deutlich höher.
Das Resultat dieser deutschen „Sozialpolitik“ lautet: bedeutende und systembedingt stetig wachsende Altersarmut. Denn eine durchgehende, lückenlose Erwerbsbiografie vom Ende der Ausbildung bis zum Renteneintritt ist inzwischen die Ausnahme.
Für deutsche Ruheständler gibt es jedoch noch weitere Probleme.
In der Theorie sollte jeder Rentner in der Lage sein, die nötigen Ausgaben des Lebensabends aus der Rente zu begleichen. Wenn er das tatsächlich möchte, dann sollte er nicht in ein Pflege- oder Altersheim kommen müssen. Die Kosten in einem Pflegeheim betragen pro Person im Landesdurchschnitt 2.800 €. Sie stehen also in keinem Verhältnis zur Durchschnittsrente.
Infrastruktur und Soziales, als Kern der nicht in der notwendigen Qualität gewährten staatlichen Daseinsvorsorge, widerspiegeln den Zustand des Landes im Ganzen. Auch in anderen einstigen deutschen Paradebereichen sieht es nicht besser aus.
Bildung, Kultur, Medien – es war einmal ein Volk der Dichter und Denker
Bildung und Kultur stellen Basis für den Fortschritt einer Gesellschaft als Ganzes dar. Sie sind die Währungen für rohstoffarme Staaten, in der Konkurrenz mit anderen Ländern bestehen zu können. Je härter diese Währung ist, je mehr ein Staat in eine tatsächliche, z.B. nach dem Humboldtschen Bildungsideal, organisierte Volksbildung investiert, desto erfolgreicher wird dieser Staat langfristig sein.
Humboldt beschrieb dieses Ideal folgendermaßen:
„Der wahre Zwek des Menschen … ist die höchste und proportionirlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen.“
Ziel dieses Ideals ist die harmonisch gebildete Persönlichkeit, die nach Humboldt jedoch ohne Freiheit undenkbar ist:
„Zu dieser Bildung ist Freiheit die erste, und unerlässliche Bedingung.“
Die Diskrepanz zwischen diesem erstrebenswerten humanistischen Ideal und der deutschen Realität ist erschreckend. Und sie wächst mit jedem Jahr.
Kinder in der Grundschule werden bundesweit mit Realitäten konfrontiert, die eine gezielte Schulbildung, wenn nicht unmöglich, so doch in einem Maße einschränken, das vor 20 oder 30 Jahren undenkbar war. Und schon damals waren die Bedingungen nicht die besten.
Überfüllte Klassen sind heute nicht nur in Großstädten der Standard und nicht einmal das Schlimmste. Denn um dem Geschehen in der Schule überhaupt folgen zu können, bedarf es der Beherrschung der deutschen Sprache. Vor wenigen Jahren noch eine gesetzlich geforderte Grundvoraussetzung für den Schulbesuch. Denn es ist nicht die Aufgabe der Lehrer, den ihnen anvertrauten Kindern die Unterrichtssprache erst beizubringen. Doch genau damit sind die Lehrer in zunehmendem Maße konfrontiert und ihrerseits überhaupt nicht vorbereitet. Hinzu kommt, dass die Lehrkräfte mit derartigen Zuständen in praktisch allen Jahrgangsstufen konfrontiert sind, denn es kommen ständig Kinder aller Altersklassen aus allen Teilen der Welt nach Deutschland, die allerwenigsten mit Deutschkenntnissen.
Nicht nur in Berliner Schulen beträgt der Anteil der Kinder, die Deutsch nicht beherrschen, oft zwischen 50 bis 90 Prozent. Auf die sich daraus in wenigen Jahren zwingend ergebenden demografischen Veränderungen mit all den Folgeproblemen soll an dieser Stelle nur hingewiesen werden.
Neben Sprachkenntnissen erfordert ein erfolgreicher Schulbesuch eine dem Alter entsprechende körperliche und seelische Entwicklung. Für jeden verständlich können Kinder aus Krisenregionen, Kinder von aus den verschiedensten Gründen nach Deutschland Zugezogenen diese Anforderungen regelmäßig nicht erfüllen. Dennoch werden sie in die Schulen aufgenommen, ohne dass das Schulsystem dieser Situation gerecht wird, einfach weil es die Schulpflicht gibt.
Lernen die Kinder meist über die Jahre die Sprache mehr oder weniger gut, so sprechen viele Eltern dieser Kinder kein Deutsch, auch nach Jahren nicht. Eine Kommunikation der Schule mit diesen Eltern ist somit gar nicht oder ggf. nur über Dolmetscher möglich.
Ein weiterer Punkt ist die Qualität der Lehrkräfte. Viele von ihnen sind mittlerweile Quereinsteiger, haben also nicht die notwendige fachliche und pädagogische Ausbildung, um Kindern auf ihrem Weg ins Leben das nötige Rüstzeug zu vermitteln. Was als Notlösung eingeführt wurde, ist nun Alltag.
Das Vermitteln von Wissen unter derartigen Bedingungen orientiert sich entweder am Machbaren, also am kleinsten gemeinsamen Nenner, oder der Lehrer übergeht im Interesse der Mehrheit die, die nicht mitkommen.
Trotz nicht erreichter Lernziele werden die schwächsten Schüler in die nächste Klasse versetzt, da auch in der nachfolgenden Klasse keine Plätze vorhanden sind für Kinder, die die Klasse eigentlich wiederholen müssten.
Bei der Recherche wurde der Autor mit Fällen konfrontiert, wo Eltern nichtdeutscher Kinder seit Jahren durch das Land und die Kinder somit von Schule zu Schule ziehen. Einige von ihnen besuchen seit 3 Jahren ein und dieselbe Klassenstufe, nur in unterschiedlichen Schulen und dem immer gleichen Lernergebnis. Auch die rein körperliche Entwicklung der jeweiligen Kinder macht das Abstruse an diesen unhaltbaren Zuständen offensichtlich.
Beginnend mit der ersten Klasse verschärfen sich diese Probleme über alle Jahrgänge hinweg bis zum Schulabschluss. Das Niveau des vermittelten Wissens sinkt seit Jahren rapide, was allen Verantwortlichen wohlbekannt ist. Eine Direktorin berichtete, dass Schüler in den Jahrgangsstufen 7 und 8 heute oft nicht einmal den Schulstoff der 5. Jahrgangsstufe beherrschen.
Hinzu kommen eklatante Mängel im zwischenmenschlichen Verhalten: Disziplin, Höflichkeit, Freundlichkeit, einst Selbstverständlichkeiten einer „guten Kinderstube“ sind inzwischen weitgehend „außer Mode“.
Selbst die sehr regierungsfreundliche „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ bestätigt in ihrem „Bildungsmonitor 2023“ diesen überaus negativen Trend.
Die der Schule nachfolgenden Ausbildungseinrichtungen auf betrieblicher, Fachhochschul-, Hochschul- oder Universitätsebene werden mit Jugendlichen und Jungerwachsenen konfrontiert, die eher ausnahmsweise die notwendigen Anforderungen erfüllen. Sie müssen oftmals erst einmal auf das nötige Einstiegsniveau gebracht werden, um den Grundanforderungen einer weitergehenden Ausbildung gerecht werden zu können.
Inzwischen gibt es Webseiten, die in vorsichtigen, wohlformulierten Worten die Dramatik der Lage verklausuliert beschreiben. So die IHK Rheinhessen zum Komplex Deutsche Sprache in Wort und Schrift:
„Als Mindeststandard setzen die Betriebe die Fähigkeit voraus, dass die Schulabgänger einfache Sachverhalte mündlich und schriftlich klar formulieren und aufnehmen können. Die Jugendlichen sollen einfache Texte in Rechtschreibung und Grammatik fehlerfrei schreiben können und die Fähigkeit besitzen, verschiedene Sprachebenen, wie Szenenjargon, Umgangssprache, Fachsprache und gehobene Sprache zu unterscheiden.“
Ähnliche Vorgaben gibt es zu „einfachen Rechentechniken“, „grundlegenden naturwissenschaftlichen Kenntnissen“ und anderen Wissensbereichen, einschließlich der sogenannten persönlichen Tugenden wie Zuverlässigkeit, Ausdauer, Verantwortungsbereitschaft. Auch auf Selbstverständlichkeiten wie „Höflichkeit und Freundlichkeit“ fühlt sich die IHK gezwungen, in drastischen Worten hinzuweisen:
„Die Unternehmen erwarten, dass die Schule der Zerstörung höflicher Umgangsformen entschlossen entgegenwirkt.“
Mit anderen, klareren Worten: Heutige Schulabgänger, immerhin im Alter von 17 bis nicht selten 20 Jahren, erfüllen in einem erheblichen Maße nicht mehr die Normen des Schulabschlusses, den sie ihren künftigen Arbeitgebern mit ihren Bewerbungen vorlegen.
Hinter diesen Ausführungen verbirgt sich eine Dramatik, derer sich die politisch Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft – ihrem Handeln nach zu urteilen – überhaupt nicht bewusst sind.
Länder wie China, Korea, Singapur und andere haben schon vor vielen Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und investieren mittlerweile in ganzer Breite mehr in die harte Währung Wissen als Deutschland.
Ausführungen wie die der IHK Rheinhessen zu den Anforderungen von Schulabgängern wirken somit wie eine gesellschaftliche Bankrotterklärung als tatsächlich aufrüttelnd.
Das folgende Video ist offensichtlich nicht in Deutschland gedreht worden; die Ergebnisse dieser Umfrage wären in Deutschland jedoch kaum anders ausgefallen:
Für unsere nichtdeutschsprachigen Leser:
Der Reporter des österreichischen Rundfunks fragt junge Leute, ganz offensichtlich Fußballfans, nach den Erfolgsaussichten der Mannschaften aus Brasilien und Argentinien bei der diesjährigen Europameisterschaft. Die Befragten erfassen nicht einmal, dass Brasilien und Argentinien nicht Teil Europas sind und somit an der Meisterschaft gar nicht teilnehmen, und trauen ihnen eine gute Platzierung zu. Der junge Mann im Titelbild gibt den Südamerikanern jedoch nur eine Chance, wenn sie bestimmte Stars aktiviert, wie Pele und Maradona, beide längst verstorben.
Deutschland war einmal … auch ein Synonym für Kultur in ihrem besten Sinne
Deutschland ist eine der Wiegen der sogenannten abendländischen Kultur. Sein Beitrag zur Entwicklung derselben ist weltweit kaum zu überschätzen. Dafür stehen Werke der Musik, Literatur, der Philosophie, Architektur, der Bildung und Wissenschaft. Für dieses historische kulturelle Erbe wird Deutschland mit Recht weltweit hochgeschätzt.
Allerdings fällt es zunehmend schwerer, das aktuelle Erscheinungsbild Deutschlands und der deutschen Kultur mit dem Vermächtnis solch überragender Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang Goethe, Johann Sebastian Bach, Immanuel Kant, Friedrich Schiller, Lion Feuchtwanger oder Thomas Mann in Übereinstimmung zu bringen.
Denn Kultur ist nicht nur der Verweis auf historisch unbestreitbare Verdienste einer Nation, sie bezieht sich auf weit mehr:
„Kultur bezeichnet im weitesten Sinne alle Erscheinungsformen menschlichen Daseins, die auf bestimmten Wertvorstellungen und erlernten Verhaltensweisen beruhen und die sich wiederum in der dauerhaften Erzeugung und Erhaltung von Werten ausdrücken“
In diesem Sinne bewegt sich Deutschland nicht mehr in der Tradition der alten Meister, sondern lässt grundlegende kulturelle Werte schmerzlich vermissen.
Zu diesen „Erscheinungsformen menschlichen Daseins“, wie es in der obigen Definition heißt, gehört auch der Respekt, die Wertschätzung und Achtung vor kulturellen Leistungen anderer Nationen sowie deren Trägern.
In den letzten Jahren taten sich gerade diesbezüglich bis dahin selbst im historischen Rückblick nicht gekannte Abgründe auf. Das Verhalten hochrangiger Politiker, und erstaunlicherweise selbst von Künstlern aller Genres, von Vertretern des Bildungsbürgertums insgesamt gegenüber z.B. der russischen Kultur, gegenüber ihren Repräsentanten wie der Sängerin Anna Netrebko oder dem Dirigenten Waleri Gergiew oder Theaterkompanien als Ganzes hat mit dem historisch hochgelobten Niveau deutscher Kultur im Sinne der obigen Definition rein gar nichts mehr zu tun.
Oder eben doch in dem Sinne, dass das Verhalten einer Gesellschaft und ihrer Mitglieder einen bestimmten Entwicklungsstand in einer bestimmten historischen Epoche repräsentiert und definiert.
Dazu gehört auch das bewusste Umschreiben von historischen literarischen Werken, das Canceln von Kultur im Sinne einer neuen Ideologie, wie es z.B. mit Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“ geschehen ist.
Der Respekt vor der Geschichte – untrennbarer Bestandteil einer guten Bildung und zwingende Voraussetzung für das Verstehen des Heute
Ein weiterer sehr bedenklicher Punkt sind die permanenten Versuche der Umschreibung der Geschichte. Vorangetrieben vornehmlich von den USA werden diese Versuche von deutscher und EU-Seite nicht nur geduldet, sondern auf eigene Art und Weise forciert. So durch Ursula von der Leyen als Ratspräsidentin der EU, die am 26. Januar 2024 zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz ganz bewusst äußerte:
„Am 27. Januar 1945 hatten die Alliierten das Konzentrations- und Todeslager Auschwitz-Birkenau befreit.“
Es waren nicht die Alliierten, es waren auch keine ukrainischen Truppen, wie andere nicht weniger aktiv meinten propogieren zu müssen. Es waren die Soldaten der 1. Ukrainischen Front der Roten Armee der Sowjetunion, in der alle möglichen Nationalitäten vertreten waren. Die Bezeichnung dieser Formation bezog sich nicht auf Herkunft der darin dienenden Soldaten, sondern auf die ursprüngliche Stoßrichtung der Formation bei der Befreiung der Sowjetunion.
Frau von der Leyen hat diese bewusste Provokation, besser: Lüge, nie richtiggestellt. Ein Verhalten, das – um noch einmal auf die obige Definition zu verweisen – „auf bestimmten Wertvorstellungen und erlernten Verhaltensweisen“ beruht, den vielgepriesenen und wie eine Standarte vor sich hergetragenen westlichen und europäischen Werten.
Frau von der Leyen und die gesamte deutsche und europäische Politelite haben auch nichts gegen das Schleifen von Denkmälern zur Erinnerung an die Schrecken des Krieges und die jedem europäischen Recht widersprechende Diskriminierung der russischen Sprache in mehreren EU-Staaten. Im Gegenteil, die Dame, die diesen Exzess in Estland bis zum Ende als Ministerpräsidentin durchzog, wurde vor Kurzem als EU-Außenbeauftragte und Stellvertreterin der Kriegstreiberin von der Leyen eingesetzt – Kaja Kallas.
Diese und andere ähnliche Verhaltensweisen belegen auf ihre Art, dass durch eine Nation in der Vergangenheit geschaffene herausragende, kulturelle Leistungen auf ein bestimmtes Kulturniveau zur Schaffenszeit dieser Kulturgüter zurückzuführen sind. Sie sind keine Garantie für die Zukunft.
Von jener einstigen Hochkultur, die die „Nation der Dichter und Denker“ einst prägte, ist das Deutschland des Jahres 2024 Lichtjahre entfernt. Um sich dieses historischen Erbes würdig zu erweisen, um möglicherweise diesem Niveau einmal wieder nahezukommen, bedarf es gewaltiger Anstrengungen auf allen Ebenen der Gesellschaft.
Die deutsche Medien – ein Schatten ihrer selbst
In enger Wechselbeziehung zu Bildung und Kultur stehen die Medien. Sie widerspiegeln den geistigen und moralischen Zustand einer Gesellschaft.
Eine im Sinne Humboldts umfassende (Aus)Bildung befähigt wiederum zu einer unabhängigen Betrachtung und Beurteilung gesellschaftlicher Prozesse. Sie provoziert von selbst Fragen, wenn das Bild offensichtlich nicht vollständig ist und wirkt in diesem Sinne kritisch und korrigierend auf die Medien ein.
Doch was, wenn es an ihr mangelt?
Das Abbild, das uns die Medien nicht erst seit 2022 oder 2020 vom Leben präsentieren, erinnert den Betrachter an einen der im Handel erhältlichen Spezialspiegel. So wie diese schränken die meinungsbildenden Medien den Blick in die Gesellschaft stark und offenbar gewollt ein.
Das war nicht nur nicht immer so, ein derartiger „halbseidener“ Journalismus widerspricht den einst definierten gesetzlichen Vorgaben.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk
Die Gründung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach 1945 stellte einen Meilenstein in der deutschen Mediengeschichte dar.
ARD, ZDF und die anderen im Rundfunkstaatsvertrag organisierten Veranstalter von Rundfunkprogrammen
„haben in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen; die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten. Die Angebote sollen dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken.“
Nachzulesen in §3 des Rundfunkstaatsvertrages.
Im §10, der sich mit den Grundsätzen der Berichterstattung, Informationssendungen, Meinungsumfragen befasst, ist festgeschrieben:
„Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen.“
Die öffentlich-rechtliche Medienrealität hält inzwischen auf breiter Front gehörigen Abstand zu den zitierten und gesetzlich vorgeschriebenen Grundsätzen.
Das Leitbild eines guten Journalisten prägte seinerzeit Hanns-Joachim Friedrichs. Bis 1991 u.a. Moderator der ARD-Tagesthemen definierte er guten Journalismus wie folgt:
„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“
Nun hat sich auch in der BRD der Zeit vor 1990 nicht jeder Journalist an diesen Grundsatz gehalten. Dennoch gab es eine Generation von Journalisten, die seine Definition als Maßstab ihrer Arbeit ansah. Der WDR, das einstige Flaggschiff der ARD, lobte nach dem Ableben von Hanns-Joachim Friedrichs in ehrendem Gedenken an ihn 1995 sogar einen Journalistenpreis in seinem Namen aus.
Die Liste der Preisträger ist nicht nur eine Aufreihung von Namen. Sie legt Zeugnis ab über einen schleichenden Wandel des Begriffs eines „guten Journalisten“, einer Veränderung und teilweisen Aushöhlung des Sinns, dem dieser Preis ursprünglich gewidmet war.
Den ersten Preisträger, Thomas Roth, bestimmte Hanns-Joachim Friedrichs noch selbst mit. Thomas Roth, langjähriger Korrespondent der ARD in Moskau, sprach fließend Russisch. Sein Interview aus dem Jahre 2008 mit dem damaligen Ministerpräsidenten Russlands, Wladimir Putin, aus Anlass des Georgien-Konflikts wirkt im Rückblick hochaktuell, nicht 16 Jahre her und dennoch wie aus einer anderen Epoche. Es ist ein Beleg für ehrlichen, respektvollen und dennoch kritischen Journalismus. Es zeigt, dass Journalismus im Sinne von Hanns-Joachim Friedrichs der Öffentlichkeit hilft, sich im scheinbaren Chaos der Weltpolitik orientieren zu können.
Die jüngste Preisträgerin, Ina Ruck, seit 1995 mit Unterbrechungen ebenfalls Korrespondentin der ARD in Moskau, ist eine Vertreterin des heute weitflächig praktizierten Haltungsjournalismus, zu dem sie sich ausdrücklich bekennt.
Das Treffen des russischen Präsidenten Putin mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Orban am 5. Juli 2024 qualifiziert sie in der ARD als „Gewese“ ab und verweist auf die Unseriosität des Handelns Orbans, da „Putin ja mit einem internationalen Haftbefehl gesucht wird“ (ab Minute 2:40). Es geht ihr um Diskreditierung, nicht um Information.
Sie macht sich also eindeutig „gemein mit einer Sache“, wie es Hanns-Joachim Friedrichs formulierte, ohne diese vertretene Sache erklärend einzuordnen.
Der Einfluss der Intellektuellen auf die Meinungsbildung
Journalisten sind wie Lehrer, Professoren, Intellektuelle allgemein, wichtige Multiplikatoren von Wissen, Meinungen und Überzeugungen. Sie haben teils großen Einfluss auf die Öffentlichkeit und bestimmte Bevölkerungsgruppen. Somit tragen sie eine große Verantwortung für den Erwerb von Wissen und die Ausprägung oder Nichtausprägung von Tugenden und Verhaltensweisen.
Die Synthese aus Erziehung, Bildung, Kultur, dem Verständnis der Welt und darauf aufbauende Erfahrungen formt den Rahmen für das, was wir gesellschaftliches Zusammenleben nennen.
Die heute sichtbare, erlebte und für jeden erlebbare Verschlechterung des gesellschaftlichen Miteinanders, die ausufernde Gewalt – physisch und psychisch, direkt und indirekt – die Verabschiedung von Gesetzen gegen Hetze und Hassrede, die in ihrer Wirkung dieselben nur (gewollt?) verstärken, das inzwischen systemische Nichtverstehen und staatlich geförderte Auseinanderdriften zwischen gesellschaftlichem „Oben“ und „Unten“, die Entkernung der Begriffe „Links“, „Mitte“ und „Rechts“ sind das Ergebnis eines dramatischen Wandels des Verständnisses und des Inhalts von Bildung, Kultur und des landesweiten Verlustes gesellschaftlich ehemals anerkannter und nicht in Frage gestellter Verhaltensnormen.
Die Fortführung dieses Weges wird absehbar und zwingend zu einer weiteren gesellschaftlichen Verrohung führen.
Weltweit geachtete Wirtschaftskraft – das war einmal
Den Kern des deutschen Selbstverständnisses seit dem Ende des zweiten Weltkriegs bildete die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes. Dieses „Wir sind (wieder) wer!“ spielte in der Wiederherstellung der deutschen gesellschaftlichen Psyche nach 1945 eine überragende Rolle und brannte sich in das nationale Gedächtnis ein.
Die Zeiten wirtschaftlicher Blüte sind nun erst einmal vorbei.
Es ist eine Tatsache, dass die deutschen Unternehmen als Ganzes heute vor Herausforderungen stehen, auf die sie nicht vorbereitet sind und die das Potential haben, dieses Land in einer Weise zum Negativen zu verändern, wie sich das der Großteil der Bevölkerung nicht im Ansatz vorzustellen vermag.
In Folge der von den USA mehrfach organisierten Staatsstreiche in Kiew („orangene“ Revolution 2004 und der als Maidan oder „Revolution der Würde“ bekannt gewordene Putsch 2013-14) begann 2022 ein durch die USA und die NATO provozierter Krieg. Die USA und die EU setzten daraufhin lange geplante Sanktionen gegen Russland in Kraft, die den Anfang vom Ende deutscher Wirtschaftsmacht definierten. Deutschland zahlt heute vier- bis siebenmal höhere Energiepreise als vor 2022 und verabschiedete sich auf Druck der USA „freiwillig“ vom ertragreichen russischen Absatzmarkt.
Der Verlust günstiger russischer Energie- und anderer Rohstofflieferungen – deren Bezug über Jahrzehnte die Voraussetzung für eine profitable Industrieproduktion im Hochlohn- und Hochsteuerland Deutschland darstellte – führen zwingend zu einer Zäsur im deutschen Wirtschaftsgefüge.
Viele der in Deutschland produzierenden Unternehmen verloren damit ihre Konkurrenzfähigkeit, insbesondere die rohstoff- und energieintensiven Zweige, in erster Linie die Stahl-, Chemie- und Autoindustrie.
BASF geht nach China
Was bislang unvorstellbar erschien, wurde seit 2022 vorbereitet und nun umgesetzt: BASF verlässt mit bedeutenden Kapazitäten Deutschland und geht nach China.
Im September 2022 beispielsweise eröffnete BASF eine Produktionsanlage in China, erbaut für ca. 10 Milliarden Euro.
Mit dem großzügigen Neuaufbau von BASF-Kapazitäten in China korrespondiert ein nie dagewesener Produktionsrückgang in Deutschland. Chemieproduktion-online.de titelt am 25. August 2023: „Halbjahresbilanz: tiefrote Zahlen in der Chemieindustrie“.
Das Portal zitiert Bernd Vogler, den Hauptgeschäftsführer der Chemieverbände Rheinland-Pfalz, wie folgt:
„Die rheinland-pfälzische Chemie-Industrie schreibt bei Umsätzen, Produktion und Aufträgen tiefrote Zahlen. Besonders drastisch sind die Rückgänge von fast 40 Prozent bei den Aufträgen. Einzig die Zahl der Beschäftigten bleibt stabil.“
Rheinland-Pfalz ist (noch) der Stammsitz von BASF, des weltgrößten Chemieunternehmens.
Wie ebenfalls berichtet wird, verzeichnet die deutsche Chemieindustrie insgesamt einen Produktionsrückgang von 20,8 Prozent und einen Auftragsrückgang von 38,7 Prozent.
Während die erste Zahl die momentane Auslastung darstellt, wirkt der Auftragseingang in die Zukunft und verheißt absolut nichts Gutes, weder für Produktion noch für die Beschäftigten.
Grafisch sah die Situation im Dezember 2023 so aus:
Der Bereich Pharma ist ein wichtiger Teil der Chemieindustrie. Die dazu in Chemieproduktion-online.de veröffentlichten Zahlen sind an Dramatik kaum zu überbieten:
Im ersten Halbjahr 2023 sank der Umsatz im Vorjahresvergleich um 54,7 Prozent. Die Produktion sank im 40 Prozent, die Aufträge um sage und schreibe 63 Prozent.
Vergleichen Sie mal diese Zahlen mit den Aussagen zur wirtschaftlichen Lage aus dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium.
Seither sind fast zwei Jahre vergangen und die Lage verschärfte sich spürbar.
Die Autoindustrie geht nach China / USA
VW setzt praktisch voll auf China, auch wenn ein kleiner Teil der Investitionen nach Nordamerika geht:
Im Jahre 2023 setzte VW ein Investitionsprogramm auf. 180 Milliarden Euro sollen in den kommenden fünf Jahren in die Elektromobilität investiert werden, fünf Milliarden davon gehen nach Nordamerika, der Rest praktisch vollständig nach China.
Der Kern des VW-Programms für China lautet: „In China für China“.
Diese vollständige Hinwendung nach China – und damit nicht nur die Vernachlässigung, sondern de facto das Verlassen des Standortes Deutschland – hat seinen Grund in der ökonomischen Realität. China fördert bestimmte Forschungs- und Produktionsaktivitäten sehr massiv. In den Genuss kommen jedoch nur Firmen, die bestimmte Bedingungen erfüllen, welche aus dem teilnehmenden Unternehmen VW-China ein praktisch chinesisches Unternehmen macht, mit den entsprechenden Folgen für VW-Deutschland und den Industriestandort Deutschland. Selbst in der Plattformpolitik orientiert sich VW an den chinesischen Vorgaben. Der in den chinesischen Förderprogrammen geforderte höhere Lokalisierungsgrad der Produktion führt zwingend zu einer Verringerung der Kapazitäten anderswo, ganz sicher auch in Deutschland.
Während laut Ralf Brandstätter, dem Chef von VW China, VW in die Forschung in China 2,5 Mrd. Euro investiert, beträgt die Summe für VW in Wolfsburg lediglich 800 Millionen. Diese Summe geht in ein neues Entwicklungszentrum, sie soll „Campus Sandkamp“ zum weltweit modernsten Auto-Entwicklungszentrum machen.
Angesichts der enormen Unterschiede in den Investitionssummen und angesichts der Innovationskraft und Innovationsgeschwindigkeit in China in diesem Bereich liegen Zweifel an der Bedeutung vom Campus Sandkamp auf der Hand.
Wie bekannt, legte die deutsche Regierung unlängst Strafzölle für E-Autos aus China auf. Es sollte sich jeder im Klaren darüber sein, dass diese Art Wirtschaftspolitik dann auch das „deutsche“ Unternehmen VW China trifft. China wird auf Grund seiner Wirtschaftsstruktur und wirtschaftlichen Potenz Mittel und Wege finden, diese unfreundliche Politik zu kontern. Deutschland auch?
Vor wenigen Tagen lud das chinesische Handelsministerium die Automobilhersteller ein, um die mögliche Einführung von EU-Importzöllen auf chinesische Elektroautos zu erörtern. Dabei kam seitens China ein Gegenzoll auf in der EU hergestellte benzingetriebene LKW zur Sprache. Bereits zuvor ließ die chinesische Führung durchblicken, dass auch die Erhöhung der Steuern für europäischen Premium-PKW diskutiert werden. Diese eventuellen chinesischen Gegenmaßnahmen betreffen vor allen anderen EU-Ländern Deutschland.
Nach chinesischen Zolldaten lag der Wert der Exporte von Fahrzeugen mit einem Hubraum über 2,5 Litern bei 1,2 Milliarden Dollar.
Der faktische Verlust der Chemie- und Autoindustrie bedeutet für den Standort Deutschland den Verlust des Kerns der deutschen Industrie. Er führt notwendigerweise zu massiven Veränderungen bei den großen Zulieferern in Deutschland. Entweder sie folgen VW & Co ins Ausland oder sie werden untergehen.
In der Konsequenz wird es zu einem Sterben der bisherigen vielen kleinen Zulieferer in Deutschland kommen, die den Gang ins Ausland nicht mitmachen wollen oder können.
Wie das wirtschaftliche Geschehen durch den Mittelstand wahrgenommen wird, beschreibt Thomas Knott von der parteiunabhängigen Mittelstandsinitiative Brandenburg im folgenden Video:
Eine kurze Zusammenfassung des Videos für unsere nichtdeutschsprachigen Leser:
Der Unternehmer Thomas Knott verweist unter Bezug auf die bevorstehenden Landtagswahlen, speziell Brandenburg, u.a. auf die dramatischen Veränderungen in der Wirtschaft, auf die Abwanderung von Giganten wie BASF und VW, die weitere An. Seit Januar 2024 wurden in Deutschland 200.000 Arbeitsplätze abgebaut und weitere 150.000 Arbeitslose werden bis Ende des Jahres erwartet. Das wird gewaltige Konsequenzen haben, im ganzen Land.
Die Worte des CEO der Deutschen Börse, Theodor Weimer, bestätigen die deutsche wirtschaftliche Realität ungeschönt in einer so nach 1945 wohl noch nie wahrgenommenen Brutalität:
Auch hier eine kurze Zusammenfassung für unsere nichtdeutschsprachigen Leser:
Er bezeichnet die Treffen mit dem deutschen Wirtschaftsminister Habeck als „schiere Katastrophe“ auf Grund des fehlenden Verständnisses für die Probleme der Wirtschaft durch den Minister. Er führte viele Gespräche mit Politikern und Wirtschaftsvertretern aus der ganzen Welt und resümiert desillusioniert:
„So schlecht war unser Ansehen in der Welt noch nie. … Die Investoren schütteln nur noch mit dem Kopf: wo sind die deutschen Tugenden geblieben? Wir wissen nicht mehr, wie wir Euch in Deutschland lesen sollen. Die Gespräche mit Investoren haben fatalistischen Charakter. … Fundamental sagen sie: was Ihr macht, ist einfach bekloppt…. Wir sind, ökonomisch gesprochen, auf dem Weg zum Entwicklungsland. … Wir haben die Automobilindustrie kaputt gemacht. … Wir haben uns unser Geschäftsmodell gezielt kaputtreden lassen. … Was wir machen, ist Wahnsinn. … Unsere Ausrichtung am Gutmenschentum wird nirgends geteilt. … Die deutschen Unternehmen machen nur noch einen Bruchteil ihres Umsatzes in Deutschland, … sie machen aber noch einen viel, viel kleineren Bruchteil des Gewinns hier. … Wir befinden uns nach allen Rankings weit unten, und die Tendenz geht weiter nach Süden.“
Das deutsche Militär – im Fahrwasser amerikanischer Hegemonialpolitik und in der Tradition der Wehrmacht
Die Situation in der Führungsebene des deutschen Militärs unterscheidet sich nicht von jener in der politischen Führung des Landes. In Deutschland gibt es traditionell eine enge Bindung zwischen Politik und Militär. Situationen, in denen sich aktive, hochgestellte Militärs explizit von der Ausrichtung der Bundespolitik distanzieren, sind selten. Wenn es mal einer wagt, eine dezent kritische Haltung zu äußern, wie seinerzeit Admiral Kay-Achim Schönbach bei einem Flottenbesuch in Indien, ist innerhalb von Tagen die Karriere beendet. Die inzwischen verheerende innere Verfasstheit des Landes belegt im Falle Schönbach die Tatsache, dass der erzwungene Rücktritt des Admirals durch die sogenannte „Vierte Gewalt“ herbeigeschrieben und -geredet wurde, durch die Medien.
So überrascht es nicht, wenn führende aktive Militärs ähnlich abstrusen Gedanken hinsichtlich Russland folgen, wie sie der politischen Führung des Landes leider zu eigen sind.
So behauptet Generalleutnant André Bodemann auf ntv, dass sich Deutschland „nicht mehr im Frieden“ befindet und „täglich angegriffen wird“(ab Minute vier). Er behauptet sogar, „Putin hat gesagt, dass er das alte Gebiet der Sowjetunion wiederherstellen will“ (ab Minute acht).
Diese Aussage General Bodemanns, des Nationalen Territorialen Befehlshabers, ist schlicht gelogen, auch wenn er sich damit im geistigen Kielwasser von Außenministerin Baerbock befindet.
Der russische Präsident hat sich durchaus und wiederholt zur Sowjetunion geäußert, auch zur Frage ihrer Wiederherstellung. Allerdings so:
„Wer den Untergang Sowjetunion nicht bedauert, hat kein Herz, und wer sich die Wiedererrichtung der Sowjetunion wünscht, hat keinen Verstand.“
So zitierte ihn sein Pressesprecher Peskow in einem Interview am 28. Februar 2023.
Das weiß ganz sicher auch der Herr General sowie seine Berater. Was zur Frage führt: Warum lügt einer der höchsten Bundeswehrgenerale?
General Bodemann verantwortet mit seiner nicht den Tatsachen entsprechenden Weltsicht u.a. einen „Operationsplan Deutschland“, der der logistischen Sicherstellung des Auf- und Durchmarsches von NATO-Truppen durch Deutschland nach Osten, also Richtung Russland, dient. Dieser Operationsplan bedürfte einer separaten eingehenderen Betrachtung, denn er belegt nicht nur, wer welche militärischen Vorbereitungen durchführt, er beinhaltet die Einbeziehung sämtlicher ziviler Kapazitäten in die Aufmarschplanung. Dieser Plan macht Deutschland zwingend zu einem Ziel bei einer möglichen militärischen Konfrontation mit Russland.
Auch andere deutsche Militärs haben sich vor Kurzem sehr offen gezeigt hinsichtlich der Planung von Raketenangriffen auf russische Ziele (Krim-Brücke), von dem Schwadronieren des aktuellen Verteidigungsministers Pistorius von einer Kriegsertüchtigung des Landes und davon, dass die Stationierung von amerikanischen weitreichenden Raketen Deutschland sicherer machen, mal ganz abgesehen.
Von einer Beurteilung der Lage, die auf Diplomatie, Ausgleich, Deeskalation als Mittel des Friedenserhalts setzt, ist weit und breit keine Spur.
Eine militärische Struktur wie die Bundeswehr erlangt ihre gesellschaftliche Bedeutung auch durch Traditionen, in die sie die Politik stellt. Entsprechend muss die vom Sozialdemokraten Pistorius verantwortete „Weisung zur Herausgabe der ergänzenden Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“ vom 12. Juli 2024 gewertet werden.
Es ist 24 Jahre her, als eine Ausstellung die durch die Wehrmacht im zweiten Weltkrieg nachweislich begangenen Kriegsverbrechen thematisierte.
Ehemalige Generalstabsoffiziere der Wehrmacht als offizielle Vorbilder für Bundeswehrsoldaten, ein Stützpunkt der Bundeswehr im Baltikum in unmittelbarer Nähe zur russischen Grenze – was kommt als nächstes?
Wem dient die deutsche Politik? Welche Ziele verfolgt sie?
Die Politik schafft den gesetzlichen Rahmen für das Funktionieren eines Gemeinwesens.
Die in den deutschen Parlamenten und Regierungen agierenden Politiker verbrämen ihr Handeln oft als aus der politischen Not heraus geboren, quasi unter der Kraft des Faktischen erzwungen. Das kann durchaus sein. Erstaunlich oft ist es jedoch so, dass die von der großen Politik beklagten Probleme, die dann mit viel Aufwand durch Gesetzesreformen oder völlig neue Gesetze – diese wiederum oft zum Nachteil großer Bevölkerungskreise – gelöst werden sollen, ohne die von Parteiinteressen der Parlamentarier und Regierungsmitglieder geleiteten Aktivitäten erst gar nicht entstanden wären.
Von Politikern verabschiedete Gesetze und Verordnungen bilden die Rahmenbedingungen, die zu den eingangs erwähnten traurigen Ergebnissen geführt haben. Sie, die Politiker, sorgen auch dafür, dass Gesetze eingehalten, umgangen oder in ihrem Inhalt und Wirken umgedeutet werden können. Gerade das Umgehen und Umdeuten, das Ignorieren von Tatsachen, ja sogar schlicht ihr bewusstes Leugnen gelangten in den letzten Jahren zu neuer politischer Blüte.
Bundeskanzler Scholz erklärt bis heute wider besseres Wissen, dass Russland 2022 den Gasexport nach Deutschland eingestellt hatte. Eine Behauptung, die selbst ausschließlich ARD und ZDF konsumierende Mitbürger stutzig machen muss. Denn dort wurde geradezu gefeiert, dass Deutschland sich weigerte, den letzten intakten Strang von Nordstream 2 zu öffnen, einzig um Russland keine Einnahmen zu gewähren. Olaf Scholz war Zeuge der Ankündigung dieses schwersten Angriffs auf die wirtschaftliche Souveränität Deutschlands seit Ende des zweiten Weltkrieges durch US-Präsident Biden.
Bundeswirtschaftsminister Habeck rechnet angesichts der sich permanent verschlechternden Rahmenbedingungen – gemeint sind die Vervielfachung der Energiekosten, Preissteigerungen und Inflation – nicht mit massenhaften Insolvenzen, er könne sich jedoch vorstellen, „dass bestimmte Branchen aufhören zu produzieren.“
Bundesaußenministerin Baerbock sieht sich seit Januar 2023 im Krieg mit Russland, ohne dass sie dieses Statement jemals persönlich zurückgenommen hätte. Im Gegenteil, bei den verschiedensten Anlässen lässt sie immer wieder erkennen, dass sie den Inhalt, Sinn und Zweck von Diplomatie nicht im Ansatz verstanden hat.
Zu diesen Sternen des deutschen Parlamentarismus gesellt sich zunehmend Bundesinnenministerin Nancy Faeser, von der weiter unten noch die Rede sein wird.
Beispiele, die zeigen, welches Verständnis die Spitzenpolitiker der Bundesrepublik davon haben, „Schaden vom deutschen Volke abzuhalten“, wie es in ihrem Amtseid heißt und wie überfordert sie von dem Amt und vor allem der damit verbundenen Verantwortung für Millionen Bürger sind.
Wie funktioniert ein Gemeinwesen?
Ein Staat hat vielfältige Aufgaben. Zusammengefasst sind sie zu finden in der Verfassung, im Falle Deutschlands im Grundgesetz. Dazu gehören innerstaatliche Aufgaben, wie z.B. die Schaffung und Erhaltung der Infrastruktur, Bildung, Justiz usw., auch der Schutz des Gemeinwesens nach innen und außen.
Das vielfältige System zur Lösung der durch die Verfassung gestellten Aufgaben, das ist die Politik in allen ihren Schattierungen.
Um das Gemeinwesen und das politische System am Leben zu erhalten, bevollmächtigt das Gemeinwesen im Zuge von Wahlen Vertreter, bestimmte, aus der Verfassung abgeleitete Teilaufgaben eine begrenzte Zeit im Namen der Gemeinschaft zu erfüllen. Ein Zusammenhang, der den beauftragten Vertretern zunehmend nicht mehr bewusst zu sein scheint.
Die Führung eines Gemeinwesens ist keine profane Angelegenheit und sollte in die Hände von Personen gelegt werden, die der Aufgabe gewachsen sind, fachlich und menschlich.
Je besser diese ausgewählten Personen ihre Aufgaben in Summe erfüllen, desto größer ist die Zufriedenheit innerhalb des Gemeinwesens insgesamt. Erfüllung der politischen Aufgaben einerseits und Stabilität, Sicherheit sowie Zufriedenheit der Bevölkerung andererseits sind zwei Seiten derselben Medaille.
Soweit die Theorie.
Die weiter oben beschriebenen Beispiele aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen belegen, dass die heutige Politik ihren verfassungsmäßigen Aufgaben in immer schlechterer Qualität nachkommt. Die sich daraus ergebende Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist für jeden spürbar.
Schaut man dann auf die mit der Lösung der Aufgaben betrauten Personen, so erstaunt das Ergebnis wiederum nicht.
Niemand würde einen Fachfremden mit der Installation von Strom und Wasser im Haus beauftragen, geschweige mit der Führung eines Unternehmens. Deutschland leistet sich jedoch genau das auf dem Posten des Wirtschaftsministers.
Deutschland leistet sich auch auf dem nach dem Kanzler wichtigsten Posten – dem des Außenministers – nicht nur jemanden, der keinen ordentlichen Berufsabschluss hat. Die oberste deutsche Diplomatin bewies inzwischen aller Welt, dass sie neben den fachlichen Defiziten selbst wichtige zur Erfüllung beliebiger Führungsaufgaben notwendige Grundtugenden wie Höflichkeit, Takt, Empathie, ja selbst die souveräne Kenntnis der Muttersprache vermissen lässt.
Diese Minister – wie alle anderen Minister auch – wurden von ihrer Partei auf den jeweiligen Ministersessel gesetzt. Die Verantwortlichen für diese Personalauswahl – die Doppelspitze der Grünen – glänzen ebenfalls mit der Abwesenheit auch nur irgendeines Berufsabschlusses.
Beide die Grundanforderungen an das Amt nicht erfüllenden Minister erhoben übrigens bei der Bundestagswahl 2021gar den Anspruch auf die Kanzlerschaft.
Was für eine Hybris. Der Wahnsinn scheint Methode zu haben.
Der Weg zu einer Führungsposition beschreibt eines der Hauptprobleme der deutschen Politik.
Minister, Kanzler, Präsident, ja selbst Mitglied eines Parlaments kann man in Deutschland praktisch nur mit der Unterstützung einer der etablierten Parteien werden. Die zur Wahl stehenden Personen bestimmen ohne Ausnahme die Parteien. Man muss sich also an- und hochdienen. Für Querköpfe, Selbstdenker, Unangepasste bleibt da kein Raum.
Das gilt für alle politischen Führungskräfte, egal welcher Partei.
Wer einmal oben angekommen ist, hat diesen Status also vor allem anderen seinem Ansehen und seinem Standing in der jeweiligen Partei zu verdanken. Ohne sie wäre er oder sie nie dort hingekommen, gegen sie kann er oder sie die Stellung nicht halten.
Machterhalt ist alles – Fachwissen zählt kaum
Die Amtsführung der gewählten Abgeordneten entspricht dem Prinzip des Machterhalts. Mag es auf kommunaler Ebene noch hier und da Ausreißer geben, ist die Landes- und Bundespolitik vor allem anderen darauf ausgerichtet, als Partei an der Macht zu bleiben.
Der jeweilige Auserwählte macht also Politik – und er wird die Interessen derer in den Vordergrund stellen, die ihm den Weg bereiteten. Das sind die Partei und deren Hintermänner. Die Wähler erfüllen lediglich die Funktion des ordnungspolitischen Transmissionsriemens.
Das Interesse der Parteien, ihrer Vertreter und Gönner gilt wiederum vor allem anderen den Prognosen für die nächste Wahl. Es geht um den Erhalt der einmal erreichten Machtposition und deren Ausbau.
Ein derartiges Amtsverständnis behindert selbstredend die Planung und Umsetzung aller Projekte, deren Realisierung langfristiges und an den Interessen der Wähler orientiertes Denken voraussetzt. Von außergewöhnlichen Situationen, wie sie die Flutkatastrophe im Ahrtal darstellte, gar nicht zu sprechen. Diese jährte sich im Juli 2024 zum dritten Mal.
Das Handeln der Politik – von ganz unten über die Landes- bis zur Bundesregierung während und nach der Flut – orientierte sich an allem Möglichen, jedoch kaum am Leid der Betroffenen.
Manu Dreyer, verantwortliche Ministerpräsidentin, überlebte die Katastrophe politisch dennoch ohne Blessuren und geht nun in den Ruhestand. Zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl „vererbt“ sie ihre Position einem anderen. Seit Jahren bundesweit eine beliebte Methode zum Erhalt der Macht der jeweiligen Partei, ohne den Souverän fragen zu müssen.
Mit der „Machtergreifung“ durch Angela Merkel änderte sich die Art des Regierens in Deutschland. Angela Merkel hatte nicht die bislang übliche Hausmacht in ihrer Partei, auf die sich alle ihre Vorgänger stützen konnten. Dennoch gelang es ihr, Konkurrenten und Unbequeme schlicht aus dem Weg zu räumen.
Wenn eine mehr oder weniger auf sich gestellte Persönlichkeit zunächst die eigene Partei, im Laufe ihrer 16 Jahre währenden Kanzlerschaft dann auch wechselnde Koalitionspartner de facto zu kujonieren und marginalisieren vermochte, dann bleiben nicht viele Erklärungsmöglichkeiten. Es dürften schon sehr gewichtige, persönliche Argumente gewesen sein, die beispielsweise CSU-Chef Edmund Stoiber und später den Fraktionschef der eigenen Partei, Friedrich Merz – beide keine Kinder von politischer Zurückhaltung – zu bewegen vermochten, sich still und leise und dauerhaft aus dem Dunstkreis der Kanzlerin und der Bundespolitik zurückzuziehen.
Der heutige Kanzler hatte als Bundesfinanzminister unter Merkel die Möglichkeit, das Prinzip zu studieren.
Olaf Scholz ist bekanntermaßen vergesslich, doch dumm ist er nicht. Ihm war klar, dass er das Machtsystem Merkel nicht kopieren kann, dazu fehlt im schlicht das Format.
Dennoch perfektionierte er das System Machterhalt auf eine Weise, die das Land noch lange beschäftigen dürfte.
Zunächst baute er das Wirken der NGO´s in Deutschland weiter aus, ganz nach dem Vorbild von Merkel. In diese „Nichtregierungsorganisationen“ fließen Abermillionen an Steuergeldern zur Unterstützung des Regierungskurses. Inzwischen gibt es für alles und jedes eine vom Staat finanzierte „Pro-Regierungs-Nichtregierungsorganisation“, jedoch so gut wie keine, die die Arbeit der Politik kritisiert und dennoch staatlich gefördert wird.
Für seinen originären Beitrag zum System Machterhalt fand Olaf Scholz in Nancy Faeser (SPD) eine Bundesgenossin in Geist und Tat.
Als Bundesinnenministerin ist Frau Faeser die oberste Dienstherrin von Herrn Haldenwang, dem Chef des Bundesverfassungsschutzes.
Es kann kein Zufall gewesen sein, auf welche Weise der Präsident des Bundesverfassungsschutzes bei einer öffentlichen Anhörung der Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes durch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages am 17.10.2022 Zeugnis abgab über sein Demokratie- und Verfassungsverständnis. Es lohnt, sich den gesamten Abschnitt ab Minute 57:12 bis 1:00:10 anzusehen und anzuhören.
Der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Herr Haldenwang, entwickelt in aller Öffentlichkeit und erschütternder Offenheit sein Bild von der Welt und seiner Behörde, wobei er am Ende Folgendes wortwörtlich äußert:
„Eine Gefahr besteht auch, …, dass Oppositionellenbeobachtung sehr viel stärker stattfinden wird, dass möglichweise auch energisches Vorgehen gegen Oppositionelle bis hin zur Tötung vorstellbar erscheint.“
Für unsere nichtdeutschsprachigen Leser: Das ist die Kernaussage des Videoausschnitts.
Der Bundestag definiert den Begriff Opposition wie folgt:
„Die Opposition (lateinisch „opponere“: sich entgegenstellen, dagegensetzen) sind die Fraktionen im Parlament, die sich als Minderheit gegen die Bundesregierung und die Fraktionen der Regierungsmehrheit stellen. Die politische Opposition ist ein wesentliches Element moderner Demokratien, da sie die parlamentarischen Kontrollaufgaben gegenüber der Exekutive wahrnimmt.“
Im Namen des Bundesverfassungsschutzes, des Hüters und Schutzpatrons des Grundgesetzes, droht sein Chef also Mitgliedern der politischen Opposition, welche ganz offiziell „als ein wesentliches Element moderner Demokratien“ definiert werden, mit einem energischen Vorgehen gegen sie „bis hin zur Tötung“.
Diese Aussage vor dem für die Tätigkeit der Geheimdienste zuständigen Parlamentsausschuss des Deutschen Bundestages löste keinerlei Protest aus, nicht einmal eine Nachfrage. Man muss also nicht nur nach dem Amts- und Demokratieverständnis den Herrn Haldenwang fragen, sondern auch nach dem der anwesenden Vertreter des Bundestags sowie dem von Frau Faeser.
Es wird noch absurder.
Am 14. Februar 2024 stellte Bundesinnenministerin Nancy Faeser gemeinsam mit den Präsidenten des Verfassungsschutzes sowie des Bundeskriminalamtes einen Regierungsplan zum Schutz der Demokratie gegen den Rechtsextremismus vor. Die dort aufgeführten Maßnahmen knüpfen in Praxis und im Geiste nahtlos an das an, was die Chefs der Nachrichtendienste am 17.10.2022 bei der Anhörung vor dem Bundestagsausschuss verkündet hatten.
Wenn man sich allein die Kurzform des Maßnahmepakets vor Augen hält, wird man den Eindruck nicht los, als ob Deutschland sich tatsächlich in einer Art Kriegszustand oder zumindest Belagerungszustand befindet. Denn die definierten Maßnahmen rechtfertigen so ziemlich jedes destruktive Vorgehen gegen Regierungskritiker jeder Couleur.
Dieser Eindruck entspricht keinesfalls den realen Gegebenheiten, ist jedoch zur Durchsetzung des genannten Maßnahmepaketes sowie zur Durchsetzung einer definierten politischen Agenda äußerst hilfreich.
Es muss an dieser Stelle an die gesetzlich fixierten Aufgaben des Verfassungsschutzes erinnert werden. Im Bundesverfassungsschutzgesetz finden sich unter § 4 neben anderen folgender gesetzlicher Auftrag:
„Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen:
…
b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
…
f) der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.“
Der Verfassungsschutz hat also im Widerspruch zum öffentlich geäußerten Amts- und Demokratieverständnisses seines Präsidenten die Ausübung einer Opposition im Wirkungsbereich des Grundgesetzes zu schützen.
Damit schließt sich der Kreis und wir kommen zurück zu dem, was Eingangs zum Abschnitt „Politik“ gesagt wurde:
Es geht den herrschenden Politikern vor allem anderen um den Machterhalt. Dies um so mehr, wenn Landtags- und Bundestagswahlen bevorstehen, an deren Ausgang die gewohnten Mehrheitsverhältnisse nicht nur in Frage stehen können, sondern nach den letzten Umfrageergebnissen auch werden.
Einen Vorgeschmack auf das, was Deutschland nach den Landtagswahlen im September 2024 bevorstehen könnte, gab Kanzlerin Merkel im Jahre 2020. Am 6. Februar 2020 „stornierte“ sie die in Folge der Wahlen erfolgte rechtmäßige Regierungsbildung in Thüringen per Telefon während ihres Besuches in Südafrika.
«Die Wahl dieses Ministerpräsidenten war ein einzigartiger Vorgang, der mit einer Grundüberzeugung gebrochen hat für die CDU und auch für mich, nämlich dass keine Mehrheiten mithilfe der AfD gewonnen werden sollen», sagte sie im südafrikanischen Pretoria. «Da dies absehbar war in der Konstellation, wie im dritten Wahlgang gewählt wurde, muss man sagen, dass dieser Vorgang unverzeihlich ist und deshalb auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden muss.»
Die Bundeskanzlerin machte per „ordre du mufti“ gegen alles Recht eine demokratisch getroffene Wahlentscheidung gewaltsam zunichte.
Ein Politikverständnis, das seither in Bundes- und Landespolitik, aber auch Kommunalpolitik Teil des Selbstverständnisses der politisch herrschenden Kreise wurde.
Auch wenn sie AfD klagte und das Bundesverfassungsgericht zwei Jahre später den Merkelschen Rechtsbruch gerichtlich feststellte, so hatte Merkel dennoch erreicht, was sie wollte: Eine der Bundespolitik genehmere Landesregierung kam gegen geltendes Recht an die Macht. Und Kanzlerin Merkel wurde nicht einmal bestraft.
Kanzler Scholz, Bundesinnenministerin Faeser und der Chef des Verfassungsschutzes Haldenwang wollen mit dem beschlossenen Maßnahmenpaket offenbar sichergehen, mit „demokratischen“ Mitteln unerwünschte politische Entwicklungen notfalls mit „legaler“ Gewalt zu verhindern, und das parlamentarisch abgesegnet gegebenenfalls durch „energisches Vorgehen gegen Oppositionelle bis hin zur Tötung“.
Wie dreist dabei gelogen wird, zeigt die folgende Filmsequenz. Kanzler Scholz und seine Innenministerin Faeser sprechen am selben Tag, praktisch zur selben Zeit zum gleichen Thema und beide widersprechen sich in ihren Aussagen diametral, ohne dass das das politische Deutschland in irgendeiner Weise berührt:
Für unsere nicht deutsch sprechenden Leser:
Bundeskanzler Scholz äußert öffentlich:
„In den vergangenen Jahren haben wir die illegale Migration deutlich gesenkt, übrigens zusammen mit Ländern und Kommunen….“.
Am selben Tag kurze Zeit nach dem Auftritt von Olaf Scholz sagt Bundesinnenministerin Faeser zum gleichen Thema Folgendes:
„Auch im letzten Jahr bestimmte die irreguläre Migration den Alltag der Bundespolizei. Im Bereich der unerlaubten Einreise und Schleuserkriminalität waren Höchstwerte zu verzeichnen.“
Ausblick
Das Deutschland des Jahres 2024 steht vor Herausforderungen, die es seit Bestehen der Bundesrepublik so nicht gab. Das Land wird in dieser Krisensituation von einer Regierung geführt, die national und international weithin als die inkompetenteste seit 1949 angesehen wird.
Hinzu kommt, dass die sogenannten zivilgesellschaftlichen Kräfte – gesellschaftliche Organisationen, Kirchen, Gewerkschaften – die Regierungspolitik nicht kritisch begleiten, sondern die Regierungslinie weitestgehend kritiklos mittragen. Dafür lässt die Regierung dieser „Opposition“ Millionen auf den verschiedensten Wegen zukommen.
Die im September bevorstehenden Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern werden – wenn die Wahlprognosen auch nur annähernd eintreffen – eine bisher nicht gekannte, neue politische Realität schaffen. Denn in keinem der drei Bundesländer wären die sogenannten Altparteien in der Lage, eine Mehrheitsregierung zu stellen – nicht einmal gemeinsam. Sollten die Altparteien die neuen politischen Kräfte, also die Alternative für Deutschland (AfD) sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und damit den Wählerwillen weiter ignorieren, so droht in Teilen eine Unregierbarkeit der Bundesländer, da es in Deutschland, anders als in anderen europäischen Staaten, keine Erfahrungen und politischen Traditionen mit Minderheitsregierungen gibt.
Quelle der Prognosen: INSA
Wenn die prognostizierten Wahlausgänge auch nur annähernd eintreten, werden diese spürbare Auswirkungen auf die im kommenden Jahr anstehende Landtagswahl in Hamburg haben, vor allem jedoch auf die Bundestagswahl im Herbst 2025.
Das Lesen des oben erwähnten Maßnahmepaketes für den «Kampf gegen Rechts» unter diesem Blickwinkel macht nachdenklich.
Es scheint, dass der Kelch der politischen und gesellschaftlichen Degradation in Deutschland bis zur Neige geleert werden muss, ehe sich Mehrheiten finden, die das Schiff in eine andere, bessere Richtung zu wenden in der Lage sein werden.
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