BRICS – die Medien kriegen weder Zugang zu den Teilnehmern noch Informationen – was bedeutet das?
Einige Medienvertreter im Medienzentrum beim Flughafen Kasan beklagen sich, dass sie von den Veranstaltern am ausgestreckten Arm verhungern. Warum ist das so?
Peter Hänseler / René Zittlau
Einleitung
Die Medienvertreter bekamen zwei Sachen zu spüren. Erstens, Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt, auf dem Weg zum Flughafen, und vor dem Betreten des Medienzentrums, wo sich die die Vertreter der internationalen Medien tummeln, sind äusserst konsequent. Das hat mit der Risikolage auf dieser Welt zu tun. Niemand sollte sich darüber beklagen – nicht auszudenken, falls etwas geschehen würde.
Zweitens, die Medienvertreter verfolgen die Ankünfte der Staatsoberhäupter am Flughaben live im Medienzentrum, ebenso die Begrüssung der führenden Vertreter durch Präsident Putin. Mehr gibt’s bis jetzt nicht.
Jene Informationen, welche die Mitgliedstaaten offiziell bis und mit den letzten Veranstaltungen in Moskau ausgegeben haben, sind auch heute Morgen, 23. Oktober, noch der Stand der Dinge. Diesen Ist-Zustand haben wir in unseren Artikeln «BRICS – Fakten und Zahlen» und «BRICS-Währung – Zahlungs- und Handelsabrechnungssystem – Wohin geht die Reise? Analyse» dargestellt und analysiert.
Allerorten stellt sich hier im Medienzentrum die Frage, warum eine derart konservative Informationspolitik betrieben wird. Warum sind bis jetzt nicht mehr Informationen ausgegeben worden? Russland als Gastgeber und wohl auch die anderen Mitglieder von BRICS sind offensichtlich übereingekommen, bis jetzt möglichst keine Informationen an die Medien zu geben. Das lässt darauf schliessen, dass es sich bei diesem Gipfel nicht um einen Ankündigungsgipfel bereits getroffener Entscheide handelt. Es scheint, dass letzte wichtige Entscheide erst auf diesem Gipfel fallen.
Führende Vertreter sowie teilnehmende Länder
Die Spitzenvertreter der folgenden Staaten sind bis jetzt in Kasan angereist:
China, Indien, Südafrika, Iran, VAE, Bolivien, Ägypten, Türkei, Weißrussland, Kasachstan, Kongos, Aserbaidschan, Mongolei, Palästina, Laos, Armenien, Äthiopien, Malaysia, Republik Srpska, Kirgisien, Vietnam, Tadschikistan.
Wer hat seine Reise zum BRICS-Gipfel abgesagt und warum?
Der brasilianische Präsident Lula musste aufgrund einer Kopfverletzung seine Anreise absagen. Das hat keine politischen Gründe.
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic teilte im serbischen Rundfunk und Fernsehen mit, dass die Republik durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten auf dem BRICS-Gipfel in Kasan vertreten sein wird. Er selbst wird nicht an der Veranstaltung teilnehmen können, da er zuvor den Besuch des polnischen Premierministers Donald Tusk zum gleichen Termin vereinbart hatte.
Vucic erklärte, dass in Komarno ein trilaterales Treffen mit den slowakischen und ungarischen Premierministern Robert Fico und Viktor Orban stattfinden wird. Später werden Tusk, der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen hinzukommen. Vucic berichtete auch von einem Gespräch mit Putin, in dem der serbische Staatschef sagte, er werde nicht nach Kasan kommen.
Aufnahme neuer Mitglieder
Wir haben in einem unserer letzten Artikel aufgelistet, welche Länder ein formelles Gesuch abgegeben haben.
Welche Länder haben ein grosses Interesse an einem Beitritt bekundet?
Eine weitere grosse Mitgliedererweiterung ist unseres Erachtens dieses Jahr nicht zu erwarten. Darauf liessen Äusserungen von Präsident Xi und Präsident Putin schliessen.
BRICS ist eine sehr heterogene Gemeinschaft, welche auf Mulitpolarität beruht, was bedeutet, dass auf alle – auch auf die Kleinen – Rücksicht genommen wird und es nicht so abläuft, dass wenige Mächtige im kleinen Kreis den Kurs dieser Gemeinschaft bestimmen.
Das führt in der Konsequenz auch dazu, dass die Aufnahme neuer Mitglieder mit viel Zeit und Arbeit verbunden ist, um zu gewährleisten, dass nach der Integration effizient und auf Augenhöhe miteinander gearbeitet werden kann.
Wir gehen davon aus – und können natürlich falsch liegen – dass ein Partnerstatus eingeführt wird, der den neuen Partnern – je nach Ausgestaltung – eine mitgliederähnliche Stellung verschafft bezüglich bestimmter Aspekte ermöglicht.
Von höchstem Interesse für BRICS ist jedoch Saudi-Arabien. Dieser Ölgigant, welcher knapp 12% der Ölweltproduktion beisteuert und den Anteil der Ölproduktion von BRICS von 31% auf 43% erhöhen würde (G7 22%), trat im August 2023 BRICS bei, hat jedoch noch nicht unterzeichnet. Offensichtlich wird Saudi-Arabien von den USA unter Druck gesetzt, von einem Beitritt abzusehen. Saudi-Arabien verfügt über gigantische Investments in den USA und Grossbritannien und hat wohl Angst, im Falle eines Beitritts, diese Investments zu verlieren. Wir haben darüber berichtet. Wir gehen davon aus, dass vor allem die Chinesen und die Russen grossen Anstrengungen unternehmen werden, diesen Beitritt zu ermöglichen.
Handelsabrechnungssystem
Wir sind der Überzeugung, dass die grösste organisatorische, politische und wirtschaftliche Herausforderung von BRICS in der momentanen Phase der Entwicklung in der Schaffung eines neuen Zahlungsmechanismus besteht.
Wir haben uns dazu ausführlich in unserem Artikel «BRICS-Währung – Zahlungs- und Handelsabrechnungssystem – Wohin geht die Reise? Analyse» geässert. Dort haben wir vor allem Lösungen, welche in den alternativen Medien herumgereicht werden, ausgeschlossen.
Wir gehen davon aus, dass dies – falls angekündigt – die grössten Konsequenzen für die Welt haben wird – auch für den Westen.
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